Es
war keine gute Idee gewesen, die Morgenstunden abzuwarten, um bei Sonnenaufgang
zur Bundesstraße zu gehen. Sue konnte sich nicht erklären, warum
ausgerechnet der Morgensonne ellenlange poetische Ergüsse gewidmet
waren. Ihr Licht wirkte kalt und unpersönlich; sie ließ alles
ringsum noch eine Spur häßlicher erscheinen, als es ohnehin
schon war. Und die oft und gern in diesem Kontext metaphorisch zitierte
Hoffnung erschien im Schein der blassen Strahlen mindestens ebenso sympathisch
wie das Ambiente eines Operationssaals. Sue hatte es weder eilig, noch
ließ sie sich Zeit, vom Haus wegzukommen. Sie unternahm auch keinen
Versuch, die Ereignisse der letzten Nacht
im Licht des jungen Tages zu reflektieren. Wozu auch? Das Ziel war klar
definiert: Weg von hier - und gemeinsam mit dem Mädchen, das sie jetzt,
da alles vorüber war, fest an der Hand hielt und niemals wieder loslassen
wollte, untertauchen. Irgendwohin, wo die Morgensonne ein anderes Licht
auf die Umgebung warf. Irgendwohin, wo es keine Clubs, keine Orloffs, keine
Kaempfs, keine Monster und vor allem keine Bruderschaftskirchen gab, deren
Prophezeiungen sich letztendlich ja doch erfüllten. Und sie tauschte
noch einen kurzen Blick mit der, die nur mit den Augen sprach und sonst
die Klappe hielt, bevor das Dickicht des Kaempf-Grundes das Licht ausknipste...
ENDE
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