Fortsetzung...
Bewunderer Juzo Itami verschaffte Kurosawa dann 1989 die Möglichkeit, einen Film mit größerem Budget zu machen, und so folgte ein kurzer Ausflug in die Abgründe des Horrorkinos. Wie schon in "The Excitement of the Do-re-mi-fa Girls" ist Itami, der bei dem äußerst unterhaltsamen Haunted-House-Streifen gleichzeitig als Produzent fungierte, auch in "Sweet Home" auf der Besetzungsliste zu finden (diesmal samt Ehefrau Nobuku Miyamoto). Für die Spezialeffekte zeichnete der Amerikaner Dick Smith ("The Exorcist", "The Godfather") verantwortlich. Im Gegensatz zu Kurosawas ansonsten eher ruhigen, zuweilen fast unterkühlt inszenierten Filmen könnte "Sweet Home" beinahe als ein kleines Stück Mainstream-Kino eingestuft werden, was nicht zuletzt Produzent Itami und dessen Einflußnahme auf den Endschnitt zuzuschreiben ist. Nie wieder sollte ein Film Kurosawas dieses Ausmaß an Kommerzialität aufweisen.
Es folgte "Security Guard from Hell", ein weiterer schwarzer Fleck auf Kurosawas gar nicht mehr so weißer Weste - zumindest, was den finanziellen Erfolg seiner Filme betrifft. Die Produktionsfirma Director´s Company (ins Leben gerufen von Regisseuren wie Sogo Ishii oder Shinji Somai) ging bankrott, und es kam zu einem entscheidenden Ereignis in Kurosawas Leben: Dank des Drehbuchentwurfs zu "Charisma" (dessen Verfilmung erst sechs Jahre später stattfinden sollte) bot sich ihm 1992 die Möglichkeit, an einem Film-Workshop am Sundance Institut teilzunehmen. Er zögerte nicht lange, diese Gelegenheit einer kreativen Schaffenspause wahrzunehmen, und verließ Japan für die nächsten drei Jahre.
Zurück in der Heimat und sichtlich positiv motiviert, ging Kurosawa wieder frisch ans Werk. Waren seine Filme bis dato eher kommerzielle Blindgänger, so erarbeitete er sich in den folgenden Jahren den Ruf eines schnellen und verläßlichen Regisseurs, der das vorgegebene Zeitlimit selten bis gar nicht überschritt und mit einem Minimum an Budget auskam - was nicht zuletzt daran lag, daß er keine Scheu vor "Direct to Video"-Produktionen hatte. Auch sein kreativer Output stieg deutlich an. Inszenierte der junge Regisseur zwischen 1983 und 1989 gerade einmal eine Handvoll Filme, so brachte er es in den Jahren 1995 und 1996 auf ganze acht Stück; darunter die sechsteilige, im Yakuza-Milieu (selbiges auch persiflierende) angesiedelte Action-Reihe "Suit Yourself or Shoot Yourself" sowie den letzten Eintrag der "Door"-Trilogie (die beiden ersten Teile gehen auf das Konto Tomoaki Takahashis, mit dem Kurosawa bereits sieben Jahre zuvor an "Dangerous Tales" arbeitete).
Schon damals konnte man das genreübergreifende Talent des Regisseurs erkennen, wenn auch bei weitem noch nicht so ausgeprägt wie in seinen späteren Werken. Gekonnt spielt er mit den üblichen Genrekonventionen, bricht sie und nimmt sie komplett auseinander, nur um sie dann vollkommen neu zu formen und ihnen seinen unverkennbaren Stempel aufzudrücken. Für Kurosawa scheinen die allgemeingültigen Regeln nicht zu gelten. Vielmehr nutzt er jede Gelegenheit, seinen filmischen Horizont zu erweitern, während er zugleich in fast jedem seiner Filme eine Subebene voll metaphysischer Spekulationen und soziologischen Analysen versteckt.
Mit "Revenge" (Teil 1 und 2) und den ebenfalls zusammenhängenden Filmen "Eyes of the Spider"/"Serpent´s Path" begann für Kurosawa ein neues thematisches Kapitel. Seine Filme konzentrierten sich zunehmend auf den Menschen und dessen Schicksal, indem er seine Protagonisten mittels einschneidender Ereignisse ihres alltäglichen Lebens beraubte und sie mit Situationen konfrontierte, die ein späteres Zurückkehren in das zuvor Gewohnte für immer verhinderten.
Kiyoshi Kurosawa schenkte seine Aufmerksamkeit verstärkt der Ausübung von Gewalt, wie z. B. dem unheilvollen Eindringen äußerer Mächte in das Allerheiligste der Familie und der daraus häufig resultierenden Kettenreaktion der Rache. Seine Protagonisten scheinen alles andere als Bibelfreunde zu sein: statt dem Bösewicht die andere Wange hinzuhalten oder auf die heutzutage propagierte Methode der Resozialisierung zu hoffen, nehmen sie das Gesetz lieber selbst in die Hand, jagen ihren Feind oftmals bis zum bitteren Ende und treiben ihn schließlich in die Enge, um ihn für seine Tat büßen zu lassen... Daß sie dabei keinerlei Gnade walten lassen und beim Racheakt weitaus grausamer vorgehen als der Gegenspieler bei der ursprünglichen Tat, ist bezeichnend.
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