Viennale-Tips von Kurt Zechner (SKIP)

Tillsammans (Together)
Herrlich leichtfüßiger Trip des "Fucking Åmål"-Regisseurs Lukas Moodysson in die seltsam-komische Welt einer schwedischen Kommune der 70er: In dieser Zeit vor Internet und Intimrasur kommt hip noch von Hippie, ist Political Correctness das höchste Gut, Fernsehen tabu und Fleisch essen sowieso. Dafür wird viel diskutiert, freie Liebe gemacht, und übers freie Liebe machen diskutiert. Mao, Baader und Meinhof sind die philosophischen Schutzheiligen, und beim Tod General Francos tanzt man vor Freude mit den Kindern Ringelreihen. Als die Schwester eines Kommunarden wegen ihrer Ehekrise mitsamt Kindern aus der bürgerlichen Hölle in die WG flieht, gerät das schön ausdefinierte Universum zwischen VW-Bus und Strickpullover gehörig ins Wanken.

An Zhan (Running Out of Time)
Da sich die Viennale sowohl Takeshi Kitanos cooler neuer Gang-Revue "Brother" als auch Tsui Harks Mega-Kracher "Time And Tide" verweigert, dürften Johnnie Tos Filme wohl die wirksamsten Asia-Rachenputzer des Festivals darstellen. "An Zhan (Running Out of Time)" und auch der zweite Johnny-To-Viennale-Beitrag "Qiang Huo (The Mission)" bieten alles, was den oft anstrengenden Festival-Alltag etwas leichter macht: smarte Killer, harte Triaden-Action und eine Ästhetik, die sich Hollywood für viel Geld nicht kaufen kann.

De Gevangenen van Buñuel (The Prisoners of Buñuel)
Wenn einer der genialsten Freaks der Filmgeschichte die spanische Einschicht zwecks Dreharbeiten überfällt, dann ist das auch knapp 70 Jahre später noch eine spannende Doku wert: Luis Buñuel drehte 1932 nach bestem surrealistischem Wissen und Gewissen eine skandalumwitterte "Dokumentation" über Las Hurdes, in der er dieser bettelarmen Gegend ziemlich willkürlich und ignorant einen abstoßenden Stempel aufdrückte. Der holländische Regisseur Ramon Gieling gibt den heutigen Bewohnern von Las Hurdes die Chance für eine ebenso vergnügliche wie tiefsinnige Rache an der Arroganz der Kunst.

Atarashii Kamisama (The New God)
Fernab der üblich spekulativen Japan-Berichte der diversen TV-Revolvermagazine (z. B. über Automaten mit gebrauchter Damenunterwäsche) gelingt dieser amüsanten Dokumentation trotz ähnlich schrägem Ausgangspunkt ein wirklich ernstzunehmender Blick auf die oft strapazierte "japanische Seele": Ein linker Filmemacher porträtiert eine orientierungslose junge Frau zwischen Identität und Irrsinn, die sich nach mehreren mißglückten Selbstmordversuchen der japanischen Ultrarechten anschloß und seither mit einer Nazi-Punk-Band auftritt. Eine Tour de force durch die nicht immer leicht nachvollziehbaren Befindlichkeiten des modernen Japan.



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