Sollten
Sie jemals vom ebenso unerklärlichen wie sinnlos
nostalgischen Gefühl überrumpelt werden, "Flash
Gordon" sei eine wirklich tolle und unterhaltsame Kultserie
gewesen, dann müssen Sie sich das Zeug einfach einmal
auf DVD ansehen. Das hilft - behauptet zumindest
Andreas Winterer
ein
weltweit anerkannter Experte für SF-Trash.
Der am 2.
Oktober 1909 geborene Alexander Gillespie Raymond schuftete
gerade an der Wall Street, als der schwarze Freitag
von 1929 erst New York und dann den Rest der Welt traf.
Durch den Börsen-Crash verlor er seinen Beruf,
fand dafür aber seine Berufung als Comic-Artist.
Im Alter von 23 Jahren zeichnete er bereits verschiedene
Strips für US-Zeitungen, darunter "Secret Agent
X-9", als Zeichner für den Autor Dashiell Hammett
(siehe
EVOLVER-Story: "Die Zerstörung des dünnen
Mannes") sowie eine Serie um jenen Helden, der ihn
berühmt machen sollte: Flash Gordon. Obwohl eigentlich
nur als Konkurrenzprodukt zum erfolgreichen "Buck Rogers"
entworfen, stellte Flash sein Vorbild rasch in den Schatten.
Die Abenteuer des Weltraumhelden erschienen bald täglich,
wurden international übersetzt und erzeugten bereits
erste Vorbeben der modernen Merchandising-Industrie.
Hollywood roch Geld und geizte
nicht: Mit dem für 1936 astronomisch hohen Blockbuster-Budget von
350.000 Dollar entstanden die ersten 12 "Flash Gordon"-Episoden von je
20 Minuten Länge als Vorfilme fürs Kino. Es folgten weitere "Serials"
sowie TV-Folgen und einige Serien-Specials, ehe die Story sich abgenutzt
hatte und funkensprühend wie Flashs Spaceships auf dem Schuttberg
der Comic-Verfilmungen landete. Erst in den Achtzigern grub Hollywood den
Stoff wieder aus und wagte ein Buntfilm-Remake: Im Fahrwasser von "Star
Wars" und "Alien" wollte man wohl das erhöhte Interesse an der SF
nutzen, um ohne viel Hirn und Herz schnelles Geld zu machen. Das Ergebnis
schrieb ein bißchen Filmgeschichte, denn trotz eines nicht geringen
Star-Aufgebots (Ornella Muti, Max von Sydow) fand eigentlich jeder das
alberne Fantasy-Movie beschissen. Bloß den Soundtrack mochten alle
- außer die Queen-Puristen natürlich.
Doch obwohl das Remake wirklich
extrem trashig ist, wirkt es neben dem Original geradezu blaß und
bürgerlich. Die alten Schwarzweißfolgen kann sich jetzt jedermann
ins Haus holen: Best Buy Movie hat vier mal sieben Abenteuer des blonden
Weltraumrecken auf DVD gepreßt und herausgebracht. DVD Nummer eins
bietet auf 166 Minuten die ersten sieben Folgen des Kino-Serials von 1936:
"Der gefährliche Planet", "Gefangen von den Hai-Männern", "Die
Hitzestrahlen", "Vernichtendes Schicksal", "Der Kampf mit dem Feuerdrachen",
"Die unsichtbare Gefahr" sowie "Im Palast des Herrschers". Die DVD-Qualität
ist in Ordnung; besser haben die Zuschauer die Filmchen wohl damals auch
im Kino nicht gesehen. Bedauerlich ist jedoch, daß Flash nur in deutscher
Sprache zu hören ist - eine Originalfassung wäre erheblich interessanter
als die mitgelieferte Handvoll Hintergrundinfos und Kurzbiographien.
166 Minuten alter Schinken
pro 20-Euro-CD, das ist die übliche Geldschneiderei einer Industrie,
die Klassikerfreunden rücksichtslos in die Taschen greift. Harsche
Kritik müssen sich die Herausgeber aber vor allem wegen der fehlenden
Cliffhanger gefallen lassen: Jede Folge begann ja für Flash mit einem
Rückblick und endete damit, daß er erneut einem Monster, einem
Gegner, dem nahenden Tode oder einem anderen Problem in die blutunterlaufenen
Glubschaugen starrte. Auf DVD ist davon nichts zu sehen: kein "Wird Flash
den Kampf mit den Haimännern überleben?", kein "Wird er Dale
Arden aus den Händen von Ming befreien?" Nichts dergleichen. Lieblos
klatschten die anonymen Zweitverwerter einfach die Folgen aneinander. Schade.
Zu hoffen bleibt nur, daß wir demnächst wenigstens in den Genuß
des Sex-Remakes "Flesh Gordon" aus dem Jahr 1973 kommen werden, in dem
Flesh den Planet Porno unter anderem von Penisaurus-Monstern befreit...
Planet des Schreckens
- die Story
Bleiben wir beim Original:
wummerndes Orchester, gaudireicher Vorspann, Aufblende. Zwei Männer
der Wissenschaft starren ernst ins Okular. Aus den Tiefen des Alls nähert
sich ein Planet und droht, mit der Erde zusammenzuprallen. "Warum hören
wir nichts von Doktor Zarkov?" fragen sie sich ohne triftigen Grund und
legen noch ein paar andere behämmerte Äußerungen drauf.
Schnitt. Flash Gordon (Larry "Buster" Crabbe), der gerade sein Studium
abgebrochen hat, um Zeit für das nun folgende Abenteuer zu haben,
propellert durch die strapazierte Atmosphäre. Da trifft ein Blitz
das Flugzeug, und die Hoffnung der Erde scheint zunichte, noch ehe sie
begonnen.
Doch Flash kann sich und
die Journalistin Dale Arden (Jean Rogers) mit Fallschirmen retten. Und
das ist auch gut so, denn kaum sind die beiden dem Tod von der Laserschippe
gesprungen und sicher auf der Erde gelandet, steht - schwupps! - schon
Doktor Zarkov (Frank Shannon) vor ihnen. Der lungert da zufällig gerade
hinter einem Gebüsch herum und wartet darauf, mit seinem selbstgebastelten
Raumschiff die Erde zu retten. Allerdings hat sich sein Assistent verdrückt,
und nun braucht er unbedingt einen neuen Hilfswissenschaftler. Klar, daß
Flash ohne Zögern zum fremden Mann ins Fahrzeug steigt.
Ebenso klar
ist, daß man die schöne Presseblondine nicht
einfach am Waldrand abstellen kann. Also kommt sie halt
mit; sie muß sich im Raumschiff bloß ein
bißchen an der Wand festhalten und einmal in Ohnmacht
fallen. Schnitte auf Wunderkerzen im Nebel, Anzeigeskalen,
ein paar Funken, diverse Schalter und Hebel, dann ist
der "Gürtel des Todes" überwunden. Und ruckzuck
ist auch der Planet in Sicht. "Ich nehme die Handsteuerung",
ächzt Zarkov und zerrt gemeinsam mit Flash an etwas,
das an einer Ecke des Bodens befestigt zu sein scheint
- ergonomisches Cockpit-Design ist offenbar nicht des
Doktors Stärke. Das Trio landet, während unten
schon die Monster lauern. Schnell sehen wir, wozu Flash
die Journalistin braucht: Sie läuft genregerecht
rückwärts auf die Monster zu, dreht sich dann
im letzten Augenblick um, erblickt endlich das sabbernde
Grauen, schreit hell auf und fällt in Ohnmacht.
Das waren halt noch Frauen.
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