13-07-2001/Abteilung: Musik

Fortsetzung...

Doch "Crazy Diamond" Syd lebt. Und zwar nicht häkelnderweise und auch nicht in irgendeinem Kloster auf dem Dach der Welt, sondern ganz bodenständig in der britischen Universitätsstadt Cambridge. Syd Barretts Unglück nahm in den späten 60ern seinen Lauf, als sich die übrigen Bandmitglieder von Pink Floyd - Rick Wright, Roger Waters und Nick Mason - mehr oder weniger spontan dazu entschlossen, eine sich abzeichnende Weltkarriere nicht durch des "Madcaps" Drogenexzesse und seine zunehmende Verwirrung aufs Spiel zu setzen. Vor einer Aufnahmesession zu ihrem zweiten Album "A Saucerful of Secrets" ersetzte die Band ihr durchgedrehtes Mastermind kurzerhand durch David Gilmour.

Barrett durfte von diesem Zeitpunkt an seine phantastischen Exkursionen in die psychedelischen Welten einer ausklingenden Ära alleine realisieren. Freilich mit wenig Erfolg: Während die Pink-Floyd-Alben regelmäßig Top-Plazierungen erreichten, verliefen Syd Barretts Soloambitionen im Sand - die Alben "The Madcap Laughs" (1970) und "Barrett" (1970) floppten, und Syd zog sich nolens volens aus dem Rock-Zirkus zurück. Ein Schicksal, das - spekulativer Ansatz hin oder her - auch einem Jim Morrison ohne seine Doors unter Umständen nicht erspart geblieben wäre. Denn Hand aufs Herz: So nett Jims abgehobene Lyrik auch sein mag - ohne das dichte und perfekte Zusammenspiel von Manzarek, Krieger und Densmore hätte sie auf Dauer kaum einen Hund hinterm Ofen hervorgelockt.

Ebenfalls vergessen, aber eben auch nicht tot: Roky Erickson

Bevor sich Jim Morrison, gesundheitlich angeschlagen, aber very stylish, gemeinsam mit seiner langjährigen Freundin Pam Courson nach Paris zurückzog, sah sich Jahre zuvor ein anderer, nicht minder Angeschlagener ein paar tausend Meilen weit weg und vor allem weit weniger stylish der Schocktherapie ausgesetzt: Roky Erickson, charismatischer Sänger oder besser Schreihals der psychedelischen Rock´n´Roll-Band 13th Floor Elevators, war 1968 wegen Drogenmißbrauchs verhaftet worden. Der Musiker zog der drohenden langjährigen Haftstrafe die Entmündigung, gekoppelt mit einer wenig angenehmen Therapie in einer geschlossenen Anstalt in Texas, vor.

Nach drei Jahren Behandlung war Roky leider nicht, so wie bereits Kollege Jim Morrison, dem alten Fährmann gegenübergetreten, dafür aber - wenn schon nicht vollends, so doch partiell - geistig umnachtet. Heute haust der mit Abstand wahnwitzigste Rock´n´Roll-Poet, verarmt und vom Satan besessen, abwechselnd bei diversen Freunden und Verwandten und ist kaum imstande, ein Konzert zu geben. Ob sein Geisteszustand die Realisierung seiner musikalischen Präsenz in dem Film "High Fidelity" zuließ, ist nicht bekannt - Roky Ericksons Meilenstein "You´re Gonna Miss Me" erklingt übrigens, als Iben Hjejle in der Rolle der Laura John Cusacks (vulgo Bobs) Wohnung verläßt.

Wäre Erickson rechtzeitig im Irrenhaus gestorben, so hätten seine Lieder vielleicht die Welt erobert und seine Ausstrahlung könnte posthum Millionen Menschen verzaubern. Auch vor seiner Grabstätte würden sich Jahr für Jahr die Pilger einfinden, um darüber zu spekulieren, wo und wie er nach wie vor mit einem seligen Lächeln auf dem Gesicht lebt - und der Verfasser dieser Zeilen würde an dieser Stelle wahrscheinlich darüber paraphrasieren, wie viele andere gleichen Formats es zu Lebzeiten neben ihm gab, die es eben überlebt haben, unter anderem ein gewisser Jim Morrison. Klingt verrückt, das alles? Ist es auch. Aber so funktioniert halt der Rock´n´Roll.