Fortsetzung...
Vor allem
wegen ihrer schonungslosen Schockeffekte wurden die
Hefte schon bald zur beliebten Zielscheibe der Comic-Gegner,
die gegen Ende der 40er Jahre analog zu den steigenden
Auflagen immer stärkeren Einfluß gewannen.
Die aus "höheren" Motiven agierenden Heerscharen
moralisch einwandfreier Institutionen orteten - wissenschaftlich
betrachtet kaum verifizierbare - Zusammenhänge
zwischen zunehmender Jugendkriminalität und dem
übermäßigen Konsum von Comics, in denen
Gewalt thematisiert und durchaus explizit dargestellt
wurde. Den Höhepunkt erreichten die Auseinandersetzungen,
als 1954 der Psychologe Fredric Wertheim das Buch "Seduction
of the Innocent" veröffentlichte, dem einige (fragwürdige)
Untersuchungen vorangegangen waren. Nicht zuletzt Wertheims
Publikation war es zu verdanken, daß einflußreiche
Kreise begannen, einen regelrechte Hetzjagd auf Comic-Verlage
und Herausgeber zu veranstalten. Diese von wenig demokratischem
Geist zeugenden Aktionen gipfelten in den sogenannten
Kefauver-Hearings in New York. Dabei wurden auch verschiedene
Zeichner und Comic-Verleger als Zeugen befragt. Und
so durfte sich auch William M. Gaines über eine
Vorladung freuen.
In die Annalen
der Comic-Geschichte ging vor allem jener berühmte
Schlagabtausch ein, den sich Gaines mit Senator Kefauver,
dem Saubermann der Nation, 1954 vor laufenden Kameras
lieferte. Kefauver hielt das E.C.-Heft "Crime SuspenStories
Nr. 22" in die Kamera und wandte sich dann an Gaines:
"Hier ist die Mai-Ausgabe. Dies scheint ein Mann mit
einer blutigen Axt zu sein. Er hält den Kopf einer
Frau, der von ihrem Körper abgetrennt wurde. Sind
Sie der Meinung, daß das geschmackvoll ist?"
Gaines:
"Ja, Sir ... für das Cover eines Horrorhefts. Schlechter
Geschmack wäre, wenn der Kopf etwas höher
gehalten würde, so daß man das Blut hätte
heraustropfen sehen, und wenn der Körper so gezeigt
worden wäre, daß man den blutigen Hals sehen
könnte."
Kefauver:
"Ihr kommt Blut aus dem Mund."
Gaines:
"Ein bißchen."
Schrecklich
lustiges Ende
In der Branche
wußte man nun, daß - schon allein, um irrwitzigen
Entwicklungen wie im Ausland vorzubeugen - reagiert
werden mußte. (In Kanada beispielsweise wurde
seit 1949 das Drucken und Verbreiten von Crime-Comics
mit zwei Jahren Freiheitsentzug geahndet!) Um den der
Comic-Gegnern das Wasser abzugraben, gründeten
die großen Verlage im Oktober 1954 die CMAA (Comics
Magazine Association of America), die in Zukunft für
saubere Inhalte sorgen sollte. Hefte ohne CMAA-Siegel
wurden von den Händlern zurückgewiesen. Obwohl
Gaines der Entwicklung durch neue, weniger blutige,
dafür aber umso spannendere Abenteuerserien (z.
B. "Impact") vorbeugen wollte, ließ sich - wie
so oft - das Unvermeidliche nicht abwenden: Das CMAA-Siegel
katapultierte viele Verlage in den Konkurs und leitete
somit auch das Ende von E.C. Comics ein. Zudem behinderte
die "freiwillige Selbstzensur" das Medium in weiterer
Folge auch bei notwendigen Entwicklungsschritten. Ergo
wanderten die Comics innerhalb kurzer Zeit dorthin zurück,
wo sie hergekommen waren: in die sterilen Kinderstuben
amerikanischer Vorstädte. Anthropomorphe Tierfiguren
wie Enten, Mäuse und Karnickel hatten wieder die
Vormachtstellung.
Doch der
rege Geist Gaines dachte nicht daran, das Handtuch zu
werfen. Wenn es schon mit Angst und Schrecken nicht
klappen wollte, so sollte die Menschheit wenigstens
lachen dürfen: 1952 - drei Jahre, bevor die letzte
Horrorserie des Verlags eingestellt wurde - erschien
die erste Ausgabe von "MAD", einer Parodie auf die Medien
Comic und Fernsehen, die vom bewährten E.C.-Team
gestaltet wurde. Gegen Ende der 50er Jahre siegte schließlich
Alfred E. Neuman über Intoleranz und Doppelmoral.
Detail am
Rande: Auch der Film nahm sich der E.C. Comics an: Zombie-Papa
George Romero (dessen Werk stark von den Heften beeinflußt
ist) brachte 1982 mit seiner "Creepshow" eine durchaus
passable Hommage an die mit Abstand legendärste
Horror-Comic-Serie auf die Kinoleinwand.
Die bekanntesten
E.C.-Zeichner im Überblick
Al Feldstein:
Er betreute sämtliche E.C.-Hefte redaktionell und
schrieb knapp die Hälfte aller Storys. Beeinflußt
von Ray Bradburys Romanen, war ihm vor allem die Kraft
des Szenarios wichtig. Seine Geschichten fielen allerdings
sehr wortreich aus. Dieser Umstand begünstigte
zwar nicht unbedingt den Fluß der Erzählung,
sorgte aber für eine reizvolle literarische Note.
Trotz der vielen individuellen Zeichen- und Erzähltechniken
gelang es Feldstein, einen einheitlichen E.C.-Stil zu
kreieren. Hilfreich war dabei das Prinzip, die Horrorgeschichten
von originellen Figuren wie dem "Crypt Keeper", dem
"Vault Keeper" oder der "Old Witch" erzählen zu
lassen.
Jack
Davis: der Spezialist in Sachen Horrorgeschichten.
Davis´ Storys spielen zumeist in verschrobenen,
ländlichen Gegenden; sein durchaus in der Tradition
der Karikatur stehender Strich fungiert am Höhepunkt
der Geschichte als Multiplikator des Schockeffekts.
Graham
Ingels: der Meister des makabren Grusels. Ingels
war ohne Zweifel einer der erfolgreichsten Zeichner
der E.C.-Redaktion. Er zeichnete seine Geschichten unter
dem Pseudonym "Ghastly" ("Scheußlich") und schuf
unter diesem Namen eine grandios gezeichnete Welt der
Dekadenz und ultimativen Schlechtigkeit.
Bernard
Krigstein: der wohl mit Abstand interessanteste
E.C.-Zeichner. Sein harter, realistischer Zeichenstil
ist merkbar von der Schnittechnik des Films beeinflußt.
Aus seiner Feder stammt der unvergessene Comic-Klassiker
"Master Race" (erschienen in "Impact" Nr. 1/April 1955),
in dem ein ehemaliger KZ-Häftling in der New Yorker
U-Bahn auf seinen ehemaligen Peiniger trifft.
Al Williamson:
Er war für die Science-Fiction-Abteilung, die den
restlichen E.C.-Publikationen in Sachen Horror um nichts
nachstand, zuständig ("Weird Fantasy", "Weird Science").
Seine bisweilen romantischen Interpretationen der klassischen
Sujets waren stark von der Arbeit des "Flash Gordon"-Schöpfers
Alex Raymond beeinflußt.
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