Gespräche zur "Labels Night Vienna" (siehe Live-Bericht im EVOLVER), Teil zwei: Fast hatte man nicht mehr davon zu träumen gewagt, aber nun ist es vollbracht - The Notwist haben ihr neues Album fertig. Veröffentlicht wird "Neon Golden" am 14. Jänner; bereits heute ist es vielerorts ein heiß diskutiertes Gesprächsthema und Objekt der Fan-Begierde. Christoph Prenner bat die Brüder Markus und Micha Acher zum Gespräch.

"I count the days til you are here again/Day 7/And I´m love galore". Diese Zeilen aus "Day 7" vom letzten Notwist-Album "Shrink" werden dem ungeduldigen Fan in den kommenden Wochen bis zur offiziellen Veröffentlichung der neuen Platte wohl noch öfter durch den Kopf gehen. Erste Hörproben lassen erahnen, daß sich - wie bei allen anderen Veröffentlichungen aus dem Weilheim-Universum, wo je nach Verlangen Jazz-Electronica (Tied & Tickled Trio), krachige Klangforschung (Village Of Savoonga), Knispel-Elektronik-Kracher (Console) oder bezaubernd feingliedriger Indie-Pop (Lali Puna) durchdekliniert und zur Vollendung gebracht wurden - das Warten doppelt und dreifach lohnen wird.

"Neon Golden" strahlt wieder einmal diese seltsam einnehmende, Notwist-typische Schönheit aus. Getragen von Markus Achers wundervoller Stimme, breiten sich auf dem Album - reduziert wie nie, trotzdem aber mit untrüglichem Gespür für wahnwitzig betörende Melodien und Arrangements - Songperlen aus, die vor allem eines im Stammbuch stehen haben: POP. Der fabelhafteste Pop in town. The Sound of zartbitterste Melancholie. Niemals nur vordergründig interessant, ganz im Gegenteil: vielschichtig, zitatverliebt, herausfordernd und ständig weiter reifend und wachsend. Mehr dazu in Bälde.


EVOLVER: Glückwunsch zu eurem gestrigen Konzert. Was mich überrascht hat, war die Tatsache, daß ihr viele ältere, krachigere Nummern gespielt habt, die beim Publikum erwartungsgemäß gut ankamen - aber auch die Nummern vom neuen Album wie etwa "Pilot" waren sehr, sehr erfolgreich. Da haben die Leute teilweise schon mitgesungen, obwohl die wenigsten mit dem Material vertraut sein dürften...
Micha:
Uns hat das auch sehr überrascht. Vor allem "Pilot", das wir erst dreimal live gespielt haben, funktionierte jedes Mal auf Anhieb.

EVOLVER: Wenn man diverse Internet-Foren nach eurem neuen Album durchforstet, stößt man auf die abenteuerlichsten Dinge. Da wurde etwa um Promos gebettelt oder verzweifelt versucht, neue Stücke aus dem Internet runterzuziehen, gleichzeitig beteuern die Leute aber auch, daß sie Album und Singles selbstverständlich kaufen würden; sie könnten nur nicht mehr so lange darauf warten. Insgesamt herrscht unter Fans eine irrsinnige Spannung und Vorfreude, die manchmal auch etwas überzogen formuliert wird. Seid ihr euch dieser Erwartungshaltung eigentlich bewußt?
Markus:
Wir haben uns das gestern durchgelesen, und in dieser Vehemenz war es uns auch nicht bewußt. Ich glaube, das liegt auch an einer sich immer mehr ausbreitenden Kluft: Die Platte gibt´s, dann erscheint die aber irgendwie erst Monate später, und zwischendrin werden stapelweise Artikel veröffentlicht; also liest man viel über das Album, kann es aber nicht kaufen. Das pervertiert sich immer mehr. Mir geht´s ja selbst auf´n Keks, wenn ich etwas über Platten lese und dann gespannt bin, sie haben will, und dann zehnmal zum Plattenladen renne, und die gibt´s noch gar nicht. Das ist ganz einfach ein Resultat davon, daß die Plattenfirmen damit spielen, daß vorher Spannung aufgebaut wird, damit dann bei Erscheinen jeder reinrennt und das Album kauft.

EVOLVER: Hattet ihr gar keinen Einfluß auf das Erscheinungsdatum?
Markus:
Wir hätten schon darauf bestehen können. Das ist dann aber oft nicht so geschickt.
Micha: Tatsächlich haben wir auch eine Weile auf einem früheren Erscheinungstermin bestanden. Als wir noch ein Label suchten, sagten wir von Anfang an, daß es uns wichtig wäre, wenn die Platte z. B. noch im September käme, was natürlich besser gewesen wäre. Es war uns schon wichtig, daß da nicht soviel Zeit vergeht. Aber dann bedrängten die uns ewig, ob man das Album nicht doch verschieben kann, weil es eben auch in mehreren Ländern gleichzeitig erscheinen soll und viele ausländische Partner noch mehr Zeit benötigen. Das war leider der Grund.

EVOLVER: Wieso kam es überhaupt zum Label-Wechsel von Community zu City Slang?
Markus:
Wir sind an sich noch für zwei Platten mit Community liiert, haben die Zusammenarbeit aber ausklingen lassen. Wir wollten einerseits etwas Neues ausprobieren und andererseits auch mit anderen Leuten zusammenarbeiten. Bestimmte Dinge funktionierten auch nicht mehr ganz so, wie wir uns das vorgestellt haben. City Slang war für uns halt die beste Wahl, weil sie mit Labels/Virgin eine starke finanzielle Grundlage haben, aber doch eine gewisse Unabhängigkeit gewahrt bleibt. Ich meine, wo soll man hin? In Deutschland gibt´s nicht viel, es gibt eigentlich nur noch Kitty-Yo als ganz unabhängiges Label, das in gewisser Weise auch Möglichkeiten finanzieller Natur hat, um etwas aufwendigere Plattenproduktionen zu tragen. Leider konnten wir nicht zu Morr Music oder Kollaps gehen - das hätten wir zwar gern gemacht, aber es war vom Finanziellen her nicht möglich.



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labels night
(miss comment, 22.11.2001 22:18)