Irgendwo zwischen "Phantom der Oper", Kate Bush und Gothic-Bands wie Theatre of Tragedy sind die Niederländer Within Temptation mit ihrem neuen Werk anzusiedeln. Wer nichts gegen eine gehörige Portion Kitsch und Bombast hat, wird an "Mother Earth" seine helle Freude haben.
Mit ihrem Debütalbum "Enter", der EP "The Dance" sowie verschiedenen Festival-Auftritten hatten sich die Niederländer Mitte der 90er Jahre schon recht gut in der Gothic-Metal-Szene etabliert. Danach wurde es einige Jahre still um die Band. Mit ihrem zweiten Full-Length-Album dürfte es Within Temptation nun gelingen, sich auch außerhalb besagter Szene Freunde zu schaffen.
Im Vergleich zu den früheren Platten sind hier die Metal-Einlagen zwar noch vorhanden, treten aber zugunsten stark orchestraler und folkloristischer Elemente in den Hintergrund. Geigen, Flöten, Klavier, Bläser, Männerchöre - alle Register werden gezogen. Das Resultat sind Stücke von einer derartigen Wucht, daß sie den Hörer schnell komplett aus dem Alltag katapultieren. Gute Boxen und strapazierfähige Nachbarn sind hierzu allerdings vonnöten, denn das Werk leise zu hören, ist eher witzlos.
Völlig weggefallen ist inzwischen der männliche Death-Metal-Gesang, der bisher den Sopran von Sharon den Adel kontrastierte. Auch dies trägt dazu bei, "Mother Earth" eher der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Und, ganz wichtig für Nicht-Gothic-Fans: Von düsterer Stimmung und Schwermut kann ebenfalls keine Rede mehr sein. Pompös, symphonisch, episch - all dies ist das Album, aber nicht melancholisch. Liebhaber düsterer Klänge sind deswegen beim Vorgänger "Enter" auch besser aufgehoben.
Wer allerdings etwas mit monumentalen Soundtracks im Stil von "Crimson Tide" anfangen kann, ist mit "Mother Earth" gut bedient. Der Großteil der Stücke ist wuchtig und bombastisch, mit viel Synthie-Orchester, Metal-Gitarren und kraftvollem Schlagzeug, aber dazwischen eingestreut finden sich auch einige Balladen. Diese weisen schöne, ausgefeilte Melodien auf, driften allerdings zeitweise sehr ins Kitschige ab. "Our Farewell" zum Beispiel wäre auch als "Titanic"-Hymne sehr gut vorstellbar. Mit Celine Dions Stimme kann Sharon den Adel auf jeden Fall problemlos mithalten. Mühelos wechselt sie zwischen verschiedenen Tonlagen und gerät auch bei den weniger dezent instrumentierten Passagen nie in den Hintergrund.
Einer langen Einhörungsphase bedarf es bei dieser CD nicht. Die Melodien sind eingängig, die symphonischen und die Gitarrenelemente fügen sich reibungslos mit Sharons gefühlvoller Stimme zusammen. Zu reibungslos vielleicht - Ecken und Kanten gibt es nicht, das Ganze ist letztlich zu gefällig, um genial zu sein. Zum genüßlichen Schwelgen in Phantasiewelten eignet sich die Platte aber bestens.
Lohnenswert ist es, sich die Limited Edition zuzulegen. Dieser ist eine CD-ROM beigelegt, die einen Bonus-Track, ausführliche Bandinfos, die kompletten Lyrics, mehrere Live-Videos, ein "Making of", Bildschirmschoner und zahlreiche Bandphotos enthält.
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