Ich war eine glückliche Banditin

"Lieber Fidel" ist die spannende Lebensgeschichte von Marita Lorenz, die 19jährig Fidel Castro kennen und lieben lernt. Was sich zunächst wie Seemannsgarn anhört, wurde im Jahr 2000 als Dokumentarfilm präsentiert. Nun ergänzt Wilfried Huismann dies mit neuem Bild- und Recherchematerial.

Als Kind traumatisiert von Erlebnissen, die sie hart machen und den Überlebenswillen stärken (Internierung in Bergen-Belsen, dem Tod nahe, bald darauf von einem Amerikaner vergewaltigt), ist die jugendliche Marita Lorenz ein wildes Mädchen und treibt sich nach der Scheidung ihrer Eltern viel auf den Schiffen bei ihrem Vater herum.

19jährig lernt sie 1959 Fidel Castro kennen, als das Schiff in der Bucht von Havanna ankert. Kurz zuvor hatte es dort eine Revolution gegen die mit den USA verbündete Batista-Regierung gegeben. Alles scheint zunächst wie eine romantische Idylle, und Marita beginnt ein Leben mit Fidel in Kuba.

Doch die Politik ruiniert ihre Beziehung. Marita verliert ihr Kind in einer Zwangsabtreibung, kehrt in die USA zurück und wird von der CIA als Agentin instrumentalisiert. Diese macht ihr weis, Castro hätte Maritas Entführung und die Abtreibung des gemeinsamen Kindes angeordnet, was Marita aber nicht glauben kann. Sie erhält den Auftrag "Töte Fidel" und wird mit zwei Giftkapseln in ein Flugzeug gesetzt. In Kuba vernichtet sie diese aber, weil sie Fidel immer noch liebt.

Danach beginnt für sie ein abenteuerliches Leben als CIA-Agentin zwischen Spionen, Psychopathen und Mafia. Marita wird in den Sümpfen der Everglades trainiert, lernt schießen, sprengen usw., schmuggelt Waffen und raubt Boote - die Gesetze des eigenen Landes brechend. Sie lernt den mutmaßlichen Kennedy-Attentäter Lee Harvey Oswald kennen und ist in die Ermittlungen zur Ermordung Präsident John F. Kennedys verwickelt.

Dazwischen wird sie Mutter von zwei Kindern, die wie sie dauernd in Gefahr sind in dieser Schattenwelt der Geheimdienste. Im Räderwerk des Kalten Krieges ist der von Marita angestrebte Ausstieg schwer.

Nachdem sie nach diversen anderen Tätigkeiten (u. a. als Spionin gegen Ostagenten) in Lagern für Exil-Kubaner gearbeitet hat, trifft sie Fidel Castro 1981 noch einmal, um ihm die Leiden seiner geflohenen Landsleute vor Augen zu halten. Bei den Dreharbeiten zum Film über ihr Leben will Fidel Castro sie aber nicht mehr treffen.

In einem Rückblick bezeichnet sich Marita Lorenz als ein kleines Mädchen in einer kalten und bösen Welt, das gelernt hat, zurückzuschlagen und zu überleben.

Das Buch "Lieber Fidel" bietet eine Menge Details zum verwirrenden Agenten-Treiben und ist eine berührende Geschichte einer Frau in der Zeit des Kalten Krieges, einer Frau, die keineswegs den üblichen Klischees entspricht - einer Frau, die stark und schwach zugleich ist.

Vorliegenden Kommentar ansehen

Lieber Fidel
(Lorenz und Huismann, 31.10.2004 21:44)



Über die Autoren:
Marita Lorenz
, 1939 als Tochter der Kapitänslegende Heinrich F. Lorenz in Bremen geboren, bekam 1978 von den USA die Immunität zugesichert, aber weder CIA noch FBI zahlen ihr eine Rente, sodaß sie heute als Sozialhilfeempfängerin in New York lebt.
Wilfried Huismann, dreifacher Grimme-Preisträger und langjähriger Mitarbeiter des TV-Magazins "Monitor", hat Maritas Lebensgeschichte bereits verfilmt und ergänzt ihre schier unglaublichen Erinnerungen durch Eindrücke seiner Begegnungen mit wichtigen Zeitzeugen.