Juan Carlos Tabíos "Kubanisch reisen" ist zwar eine nette Liebeserklärung an Kuba und dessen Vorstellungen vom gelebten Sozialismus, hat aber zu viele Schwächen im Detail, um wirklich zu überzeugen.
Kuba heute. In einem heruntergekommenen Busbahnhof versammeln sich dreißig bis vierzig Leute, um entweder nach Havanna oder nach Santiago zu reisen. Einziges Problem ist der kaputte Stationsbus, und die fallweise haltenden Charterbusse haben maximal einen oder zwei Plätze frei. Die Passagiere sitzen also fest.
Eine Zeitlang gibt es Hoffnung: Der Bahnhofsvorsteher ist überzeugt, den Bus reparieren zu können. Dann aber, als alle schon abreisebereit sind, gibt das Fahrzeug endgültig den Geist auf. Und wieder sitzen alle in der Wartehalle.
Doch siehe da, der Geist Kubas, der altruistischen Gemeinschaftlichkeit und des gelebten Sozialismus, lebt wieder auf. Die Leute beginnen, den Busbahnhof zu restaurieren. Nach und nach wird ein schmuckes Juwel daraus - mit Pflanzen, hübsch bemalten Fassaden und einladenden Räumlichkeiten. Alle haben Spaß dabei. Manche finden zurück zueinander, andere verlieben sich frisch.
Die Gruppe weist so manchen illustren Charakter auf: Der junge Hübschling, stets schleimig lächelnd, macht sich an die resolut-attraktive Braut heran, die eigentlich zu ihrer Hochzeit reisen wollte. Der blinde Sozialfall erweist sich als Hummerschmuggler und begabter Automechaniker. Der Apparatschik mit Frau und Kind protestiert gegen die Eigeninitiative und will Autoritäten aus der Stadt heranziehen. Und zwei Burschen erkennen beinahe, daß sie eigentlich schwul sind.
Die guten Absichten kann man "Kubanisch reisen" keineswegs absprechen. Der Film versteht es, am Beispiel der unterschiedlichen Charaktere deutlich zu machen, wie Sozialismus funktionieren könnte und warum er letztlich doch zum Scheitern verurteilt ist. Zwischendurch hat man aber immer wieder das Gefühl, daß dieses Feelgood-Movie doch allzu sehr einer infantilen Vorstellung vom gebewilligen, wandlungsfähigen Menschenkind erliegt. Außerdem sind einige der Figuren so penetrant auf sympathisch getrimmt, daß im Zuseher leicht das Bedürfnis entstehen kann, ihnen aus reiner Bosheit Schaden zufügen zu wollen.
"Kubanisch reisen" ist eine nette Phantasie für die harmlose, traute Zweisamkeit, die man sich am besten ansieht, um sich von der Belanglosigkeit des Lebens abzulenken.
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