Wahlkampf auf Leben und Tod

Amerika im Jahr 2044: Der Staat ist bankrott und von Aufständen geplagt; weite Teile des Landes unterstehen militärischer Verwaltung. Mittendrin versucht der Wahlkampfexperte Valparaiso in der Politik unterzukommen, als plötzlich eine wissenschaftliche Entdeckung alles verändert...

Neben William Gibson und Neal Stephenson zählt Bruce Sterling zu den führenden Autoren, denen es gelang, Science Fiction wieder salonfähig zu machen. Der mittlerweile 47jährige Journalist, Autor und Internet-Aktivist, der in Europa vor allem durch seine frühen Cyberpunk-Romane und seine Artikel in der US-Zeitschrift "Wired" bekannt ist, versucht seit den 80er Jahren dem Verhältnis zwischen Mensch und Maschine auf den Grund zu gehen.

Ähnlich wie Gibson bereiste auch Sterling fast zweieinhalb Jahre lang die Welt, um dann abgebrannt heimzukehren und Bücher zu schreiben. Aus einer Kurzgeschichte entstand 1977 sein erster SF-Roman "Involution Ocean" ("Staubozean"); drei Jahre später erschien sein zweites Buch "Artificial Kid" ("Video Kid"). Der große Durchbruch gelang ihm allerdings erst mit dem 1985 erschienenem "Schismatrix", in dem Romanheld Abelard Lindsay über 300 Jahre alt wird und auf verschiedenen Planeten unter gänzlich unterschiedlichen Lebensbedingungen unentwegt nach dem Sinn des Lebens sucht.

Auf die legendäre Geschichtensammlung "Mirrorshades: The Cyberpunk Anthology" folgte 1988 der Roman "Islands in the Net" ("Inseln im Netz"); zusammen mit Gibson schrieb Bruce Sterling außerdem "The Difference Engine" ("Die Differenz Maschine"), und mit "The Hacker Crackdown: Law and Disorder on the Electronic Frontier" recherchierte er bereits 1992, welche Auswirkungen Hacker auf das damals gerade aufkommende Internet haben würden. Vier Jahre später erschien sein bereits dreizehnter Roman "Holy Fire" ("Heiliges Feuer").

1998 veröffentlichte er "Distraction", das bei uns nun - sehr frei übersetzt - unter dem Titel "Brennendes Land" vorliegt. Sterling beschreibt darin ein Amerika der Zukunft, genauer gesagt des Jahres 2044, in dem sich im Vergleich zu heute einiges verändert hat. In dem durch Globalisierung und Internet-Revolution praktisch unregierbar gewordenen Land stehen Aufstände an der Tagesordnung. Die meisten Städte befinden sich in Privatbesitz, die Air Force verdient ihr Geld durch den Verkauf von Backwaren, und die Franzosen sind kurz davor, in Louisiana einzumarschieren.

Dazwischen steht der Wahlkampfexperte Oscar Valparaiso, der gerade einen unbekannten Architekten in den Senat gehievt und dabei selbst Gefallen an der Politik gefunden hat. Im gepanzerten Wahlkampfbus und mit einem Experten-Team reist er quer durch Texas und trifft dabei auf eine geniale Forscherin, in die er sich verliebt, aber auch auf einen Gouverneur, der ganz spezielle Pläne für die Zukunft der menschlichen Rasse hat. Zusätzlich muß er noch einigen lästigen Attentaten entkommen, darf aber andererseits eine wissenschaftliche Revolution miterleben.

Auf 607 Seiten bleibt "Brennendes Land" durchwegs spannend und zeichnet sich durch sympathische Charaktere, eine durchdachte Story (mit einem etwas enttäuschenden Ende), aber vor allem die aufwendige Schilderung zukünftiger Technologien aus, die nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, sondern demnächst schon Realtität sein könnten. Alles in allem liegt Fans und Neueinsteigern damit wieder ein gelungener Roman in bester Sterling-Manier vor.

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Über den Autor:
Bruce Sterling, einer der führenden Köpfe der Cyberpunk-Bewegung, wurde 1954 geboren und gilt nicht nur als einer der treffsichersten Visionäre einer hochtechnisierten Zukunftswelt, sondern ist auch der einzige Internationalist der angloamerikanischen Science Fiction. Seine Romane und Erzählungen wurden mehrfach preisgekrönt; mit William Gibson verfaßte er das "Steampunk"-Kultbuch "Die Differenzmaschine". Gemeinsam mit Gibson ("Neuromancer") und Neal Stephenson ("Snow Crash") schreibt er die Literatur einer neuen Gesellschaft. Er lebt in Austin/Texas.