Es ist schon eine hundsgemeine Gewohnheit der Literaturwissenschaftler, Nachlässe toter Autoren auszuwerten und teilweise gar zu veröffentlichen. Nicht alles, was da so an menschlichen Schwächen zum Vorschein kommt, ist geeignet, die Heiligenverehrung anzufachen. Aber interessant ist es oft dennoch.
Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt: zwei Namen, die oft in einem Zug genannt werden. Wohl deshalb, weil beide Schweizer sind und im selben Jahrhundert gelebt haben. Ansonsten haben der ernsthafte Atheist aus Zürich und der teilweise zum Burlesken neigende Pfarrerssohn aus Landbern nicht allzuviel gemein; außer einer Freundschaft, die (wie eine gute Ehe) ihre Ups and Downs hat - und der Verachtung für das Publikum: "Ein Heer von Arschlöchern wird gegen Sie aufstehen, das wissen Sie, und es wird eine Freude sein." (Max Frisch)
Zu Beginn ist es der um zehn Jahre ältere Frisch, der den jungen Dürrenmatt fördert und durch seine Kontakte zu Verlegern und Theaterregisseuren unterstützt. Später wird sich die Rollenverteilung umkehren: Der beim Leser erfolgreichere Dürrenmatt läßt sich in der Öffentlichkeit wiederholt zu beleidigenden Äußerungen hinreißen. "Ich wünsche ihm, daß er den Nobelpreis kriegt. Er hat ihn wahrscheinlich sehr nötig", meint er einmal in einem Interview in Anspielung auf Frischs prekäre finanzielle Lage.
Dabei kennt auch Dürrenmatt finanzielle Zwänge. Eigentlich verdanken wir diesen sogar seine spannenden Kriminalromane ("Der Richter und sein Henker", "Das Versprechen"). Er selbst kommentiert das recht lakonisch in einem seiner Briefe: "Meine Theaterarbeiten stehen im luftleeren Raum des Nichts-Einbringens. Ich muß mich wahrscheinlich für einige Zeit auf die Prosa stürzen und Romane schreiben, um leben zu können."
Am Ende raufen sich die beiden feisten Autoren mit Hornbrille, die auf den illustrierenden Fotos kaum voneinander zu unterscheiden sind, dann doch wieder zusammen. Der Kreis an gemeinsamen Freunden und Bekannten wird immer kleiner, sodaß Max Frisch gegen Ende hin resignierend meint: "Hoffentlich sehen wir einander das nächste Mal ohne Begräbnis."
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