Die Suche nach einem neuen Ansatz im Genre HipHop ist - im Falle von Prefuse 73 - von der kompletten Abstraktion des gesprochenen Wortes geprägt. Wie klingt es, wenn Stimmen zu uns sprechen, die in Wirklichkeit gar nichts sagen? Scott Herren hat auf seinem Album "Vocal Studies & Uprock Narratives" eine mögliche Antwort parat.
Der 26jährige Scott Herren aus Atlanta, USA gehört zu jener Generation von Musikern und Produzenten, die die Geburtsstunde von HipHop nicht mehr bewußt miterlebt haben. Deren Sozialisation ist weniger an die Direktiven einer "Old School" gebunden als an einen offenen, freien Umgang mit der Materie von "Words & Beats". Der Ursprungsmythos von HipHop als "Oral Culture", wo es um das rhythmische Geschichtenerzählen geht, tritt zugunsten einer "Abstraktion des gesprochenen Wortes" in den Hintergrund.
"Vocal Studies & Uprock Narratives", der Titel des Debütalbums von Prefuse 73, ist gleichzeitig Programm für ein Spiel mit Stimmen, Lauten und Silben, die durch den Akai MPC 2000 gejagt und verstümmelt werden, bis aus den Lyrics des MCs eine musikalische Oberfläche wird, die sich, ihrer Botschaft entledigt, als reine Klangtextur zwischen die zerfaserten, gebrochenen Beats legt. Sprache ohne Inhalt als Spielzeug zur Erforschung neuer, bedeutungsfreier Räume, die sämtliche Forderungen nach "Realness" in den Boden stampft.
Der vielleicht interessanteste konzeptionelle Ansatz von Prefuse 73 ist die Verweigerung, sich über die Spache mitzuteilen. Wenn man bedenkt, wie viele Menschen rund um den Globus HipHop-Musik konsumieren, ohne sich auch nur annähernd der textlichen Inhalte bewußt zu sein (etwa weil Sprachbarrieren oder linguistische Codes zum Hindernis werden), diese musikalische Form aber trotzdem intuitiv als Ausdruck eines "way of life" verstehen und z. B. die Semiotik kopieren, wird deutlich, auf welcher Metaebene Kommunikation funktionieren kann.
Prefuse 73 präsentiert einen möglichen "Next Level of HipHop", der sich zerstotterter Word-Fragmente, geshreddeter Lyrics und sezierter Silben bedient, uns aber dennoch vorgaukelt, einem MC und seinem Flow zu lauschen. Dabei wird der Beat der Sprache zwar nicht neu entdeckt, aber immerhin in einem neuen Kontext dargestellt. Eine für amerikanische Verhältnisse sehr ungewöhnliche Platte - kein Wunder also, daß "Vocal Studies & Uprock Narratives" ausgerechnet beim britischen Experimental-Label Warp erscheint. Die stilistische Nähe zu Acts wie Autechre ist nicht zu übersehen. So wird HipHop zu einer kreativen Spielwiese mit vielen möglichen Ansätzen - auf der einen Seite das Wort, auf der anderen Seite innovative Sound-Ästhetik. Ausdehnung statt Dogma. "Cut it up, Scotty!"
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