Manuel Vázquez Montalbán, der Erfinder des genießerischen Detektivs Pepe Carvalho, ist ebenso wie dieser alles andere als ein Kostverächter. Das beweist er mit einem erlesenen Kochbuch der sinnlichen Freuden: "Unmoralische Rezepte" - die kürzeste Verbindung zwischen Tisch und Bett.
Der spanische Krimiautor spielt mit herkömmlichen Assoziationen, verfeinert diese und spinnt sie in ein beziehungsreiches Netz erotischer Wechselbeziehungen. Aus der Banane beispielsweise entwickelt er eine ganze Systematik phallischer Speisen: Die Banane ist dabei Symbol für den wohlwollend betrachteten Phallus. Besonders im durch Flambierung aufgeweichten Zustand ("Überbackene Rumbananen") ist sie geeignet, die Partnerin mit der möglichen mäßigen Leistung des eigenen Gemächtes zu versöhnen. Hart und aggressiv ist dagegen die Mohrrübe, während der Spargel sich kümmerlich und unzuverlässig präsentiert, "und das, obwohl Spargel in Gegenden machistischer Selbstherrlichkeit gedeiht".
Als Repräsentanten weiblicher Geschlechtsmerkmale bieten sich vor allem Südfrüchte an: Feigen, Pflaumen, Granatäpfel. In diesem Katalog finden sich allerdings auch herkömmlichere Agrarprodukte wie die Bohne, deren sexuelle Assoziation "von dem Spalt ihrer aufplatzenden Hülle" herrührt.
Beziehungsreiche Früchtchen (und Gemüschen) finden sich hier also, die in noch viel raffiniertere kulinarische Kompositionen eingebunden werden. Der möglichst klingende Name ist dabei Programm: das Kopfkissen der Aurore, Pastete Morteruelo, Spaghetti Tobende Tunte, Délicieux, Tiatraounga annamitische Art, Rôti à l´Impératrice und Janssons Versuchung. Leider sind die meisten der Zutaten ein wenig elitär geraten. Wer weder Trüffel noch Kaviar zu Hause gebunkert hat, wird sich schwertun. Glücklicherweise gibt es auch Bodenständigeres, wie die Bohnen katalanische Art, die als Aphrodisiakum den Hahnenhoden in nichts nachstehen (glaubt man dem Autor) und vornehmlich zu grünäugigen Damen verspeist werden sollten.
In seinen umfassenden Ratschlägen erweist sich Montalbán als Gesamtkünstler. Er beschränkt sich nicht allein auf Hinweise zur Zubereitung und den zu verwendenden Zutaten. Im Sinne eines umfassenderen gastro-erotischen Genusses weiß er auch, welche Gerichte sich besonders für homo- oder heterosexuelle Begegnungen eignen, welche Position im Liebesspiel eingenommen werden sollte und welche Konversationsthemen sich schicken - sowohl davor als auch danach.
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