Bei Oval geht es nicht um Musik, wie wir sie kennen, sondern vielmehr um den Prozeß ihrer Herstellung. Zentrales Anliegen ist es, auf die Standards von Software, Interfaces und Betriebssystemen zu verweisen, auf die unumgänglichen Grenzen und Bedingungen jeder elektronischen Musik. Auch bei "Ovalcommers" ist das wieder so
Mit "Ovalprocess" hat der Berliner Markus Popp im Vorjahr seinen Beitrag für das Modell einer "möglichen anderen Musik", jenseits gängiger Wahrnehmungs-Schemata, geliefert. Das ambitionierte Kunstprojekt beinhaltete, - neben einer "Read-Only-Audio-CD" - die entsprechende Software für zu Hause sowie ein im öffentlichen Raum installiertes Terminal, an dem der User "typische" Oval-Sounds aus einem Archiv miteinander mischen und neu konfigurieren konnte. Klang im Dialog mit dem Konsumenten; von Musik im herkömmlichen Sinn konnte und kann man hier nicht mehr sprechen.
"Ovalcommers", das aktuelle Album, setzt dort an, wo "Ovalprocess" endete - im Niemandsland des Sounds: Fiepsen, Krachen, Zwitschern und farbiges Rauschen; Klänge, die als "dreidimensionale Vektor-Modelle von Folk, Progressive Rock und Kammermusik" gelesen werden sollen. Da stellt sich die Frage: Dienen solche vagen Beschreibungsfolien nicht nur wieder dazu, das Vertrauen oder das Interesse einer potentiellen Zielgruppe zu wecken, die nach Musik im herkömmlichen Sinne sucht? Wird der Hörer absichtlich auf eine falsche Fährte gelockt? Denn selbst beim besten Willen kann in "Ovalcommers" keine Spur der obengenannten Spielarten entdeckt werden. Aber man sucht wohl nach den falschen Zeichen, denn hier ist alles anders, alles abstrakt, alles Theorie. Und somit alles möglich. Eh klar.
Oval löst jegliche Struktur auf und verdreht das Verständnis traditioneller Musikbegriffe soweit, bis es weh tut. Nur ja nichts übriglassen, was an unliebsame Dinge wie Melodie oder Rhythmus erinnern könnte! Das kennt man von diversen Protagonisten der "Laptop/Clicks&Cuts"-Szene schon zur Genüge. "Ovalcommers" radikalisiert diese Nicht-Musik weiter, ist noch überdrehter, schriller als das Vorgänger-Modell "Ovalprocess". Das Zuhören wird zu einem abenteuerlichen, aber auch anstrengenden und ermüdenden Vorgang. Diverse freischwebende Sound-Partikel treffen scheinbar im Zufallsprinzip auf- und geloopte Sphärenspuren gegeneinander - und das alles im beatfreien Raum, versteht sich.
Ausdauer und Konzentration sind hier gefragt, oder auch Interesse daran, wie Graphikfehler im Powerbook klingen können. Wer diese Hürden jedoch genommen hat und sich den Audio-Frickeleien zu öffnen vermag, wird hinter all den Random-generierten Fehlerbildern eine ganz eigene, bisher ungehörte Intensität der Klänge entdecken. Ähnlich wie Psychedelik-Gitarrenrock in den Sixties das musikalische Weltbild auf den Kopf zu stellen vermochte, bewegt sich Oval am äußersten Rand des Möglichen und Erfaßbaren - mag sein, daß hier erneut eine Revolution eingeläutet wird. Für was oder gegen wen, bleibt allerdings noch abzuwarten.
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