Golden-Globe-Preisträger Gérard Corbiau zeigt uns die Jugend des franösischen Sonnenkönigs Ludwig XIV., wie er sie sich vorstellt: ausgeflippt, idealistisch und manchmal grob.
Das Schloß Versailles war im 17. Jahrhundert dank seines berühmten jungen Königs Ludwig XIV. ein Zentrum moderner Hochkultur. Umgeben von Hofkomponist Jean Baptiste Lully und dem noch heute beliebten Schriftsteller Molière, beschäftigte sich das junge Lockenköpfchen mit Ausdruckstanz und förderte moderne Darstellungsformen in Oper und Literatur. Der Hofstaat war längst der verkommene Intrigantenstadel, der sich später selbst die Guillotine einbrocken würde; Neid und Mißgunst beherrschten das gelangweilte Leben der Reichen. Vor allem deshalb - um sich von den Tiefen der Selbstzweckpolitik abzulenken - ging der junge König ganz in seiner Neigung zur zeitgenössischen Popkultur auf. Aber das Leben macht vor jugendlichen Idealen nicht halt. Man wird älter, erkennt die Eigennützigkeit aller biologischen Lebensformen und wird selbst zum darwinistischen Scheusal. An diesem Schicksal hat sich bis heute nichts geändert, und damals war es sowieso noch deutlicher. So verläuft der ungefähre Spannungsbogen in "Der König tanzt".
Nun, man weiß, daß die französischen Adeligen in Versailles eigene Zimmer hatten, die nur der Ablegung von Exkrementen dienten und zugemauert wurden, wenn sie voll waren. Außerdem züchteten die Leute damals Kleinvieh-Biotope unter ihren Perücken. Ein Panoptikum der Grauslichkeiten war das also - und der Schöngeist hatte einen dekadenten Weltuntergangsbeigeschmack. Davon merkt man in diesem manierlichen Film nicht viel. Corbiau steckt seine Darsteller in hübsche, originalgetreue Kostüme und läßt sie in einer Weise interagieren, die allzu deutlich das Bemühen verströmt, mit moderner Psychologie und dem Individualitätsverständnis des 21. Jahrhunderts ein direkteres Gefühl für die Umstände der damaligen Zeit im Zuschauer entstehen zu lassen. Sex, Blut, Kunst-Snobismus und fetzige Barockmusik - als Historienfilm ist "Der König tanzt" nicht besonders gewinnbringend.
Fazit: Die Franzosen waren noch nie cool. Schon gar nicht damals. Und am Ende ist man wieder einmal traurig darüber, daß Österreich niemals seine Adeligen geköpft hat. Das fehlt uns ganz einfach.
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