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Wie denkt der Mensch? In David Lodges neuem Roman "Denkt" stellt sich der Professor Ralph Messenger diese Frage und versucht das Rätsel des menschlichen Bewußtseins zu lösen - wenn er nicht gerade hinter einer schönen Frau her ist.
Der letzte große Roman von David Lodge, einem ehemaligen Professor für Moderne Englische Literatur, hieß "Therapie". Darauf folgten die Erzählungen "Sommergeschichten - Wintermärchen", die Gesellschaftskomödie "Wunde Punkte" sowie ihre novellistische Neufassung "Bittere Wahrheiten". Nach sechs Jahren Arbeit veröffentlichte Lodge vor kurzem seinen neuen Roman "Denkt", der wieder an das Campus-Leben anknüpft. Neben vielen Assoziationen zum Thema Denken entwickelt sich darin eine ganze Menge, und das in typischer Lodge-Manier.
Die Schriftstellerin Helen Reed hält an der Universität von Glocester eine Vorlesung über "Kreatives Schreiben". Vor kurzem hat sie ihren geliebten Ehemann verloren und hält ihre Gedanken und Gefühle über den Verlust, die Trauer und den Schmerz in ihrem Tagebuch fest, um das Material eventuell später für einen Roman zu verwenden. Helen ist konservativ, hat eine Vorliebe für die Bücher von Henry James, für gefühlvolle Lyrik und bald auch für Ralph Messenger.
Dieser ist Kognitionswissenschaftler an selbiger Universität. Wenn er nicht gerade einer erotischen Versuchung erliegt, erforscht er das menschliche Bewußtsein und arbeitet an einem denkenden Computer. Sein neues Experiment sieht das planlose Besprechen seines Voice-Recorders vor, um daraus Rückschlüsse auf das menschliche Denken ziehen zu können. So kann man als Leser an Ralphs intimen Gedanken, Wünschen und Erinnerungen teilhaben. Obwohl er eigentlich glücklich verheiratet ist, bekommen seine sexuellen Phantasien durch das Auftauchen von Helen neue Nahrung.
Der Reiz an Lodges neuem Roman ist nicht die Geschichte, die erzählt wird, sondern die Erzählstruktur. Durch die zwei Handlungsstränge - einerseits die Tagebuchaufzeichnungen von Helen, andererseits Ralph, der mit seinen innersten Gedanken einen Sprachcomputer füttert - gelingt es Lodge, die Gefühle und Gedanken seiner beiden Protagonisten offenzulegen. Das Ergebnis ist amüsant und aufschlußreich, die Erkenntnis dabei nicht neu: "Wir können nie mit Sicherheit wissen, was ein anderer Mensch gerade denkt."
"Denkt" ist ein witziger Roman voller Satire und Ironie, der die Lodge-Gemeinde erfreuen wird. Allerdings sollte man aufgrund der (teilweise ziemlich anstrengenden) Dialoge mit einem schwierigen Einstieg in das Buch rechnen. Ein weiterer Kritikpunkt ist das sehr konstruiert wirkende Ende, das nicht so recht überzeugen kann. Trotzdem ist es ein unterhaltsames Buch - schon deshalb, weil man aus der Sichtweise von Ralph und Helen verfolgen kann, wie sich ihr Flirt entwickelt. Hoffentlich läßt der nächste Campus-Roman nicht so lange auf sich warten.
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Über den Autor:
David Lodge, geboren 1935 in London, lehrte von 1960 bis 1987 als Professor für Moderne Englische Literatur an der Universität Birmingham; lebt heute als freier Schriftsteller - verheiratet, drei Kinder - in Birmingham. Im Haffmans-Verlag sind von ihm erschienen: "Saubere Arbeit" (Roman), "Neueste Paradies-Nachrichten" (Roman), "Literatenspiele" (Theaterstück), "Ins Freie" (Roman), "Die Kunst des Erzählens" (Sachbuch), "Ortswechsel" (Roman), "Kleine Welt" (Roman), "Therapie" (Roman), "Sommergeschichten - Wintermärchen" (Erzählungen), "Wunde Punkte" (Theaterstück) und "Bittere Wahrheiten" (Kurzroman).
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