Seit 1995 lanciert der Berliner Markus Popp als Kopf, Verwalter und Repräsentant von Oval konstant innovative Sounds, die den traditionellen Musikbegriff an seine Grenzen treiben. Er arbeitete und tourte mit Mouse On Mars, vertonte die Modeschauen von Comme de Garçon und Prada und lieferte den Soundtrack zum neuen Film von Harmony Korine. "Ovalprocess" ist die Update-Version von Oval 2000 - die Musik, das Projekt.
Im weiten Feld experimenteller elektronischer Musik wirken die Veröffentlichungen von Oval wie einsame Hinweise auf Bereiche bislang nicht gehörter Klänge. Was Anfang der 90er als Trio (Frank Metzger, Sebastian Oschatz und Markus Popp) begann, wird heute nur noch von letzterem weitergeführt. Oftmals vorschnell dem Techno-Kontext zugeordnet, war der einzige Berührungspunkt lediglich die Verwendung von digitalem Equipment. Doch der Ansatz von Oval war immer schon ein anderer. Achim Szepanski, Betreiber des Frankfurter Labels Mille Plateaux, verglich ihre Arbeit mit der von Computerhackern, andere versuchten die Musik von Oval gar - mit Verweis auf die französischen Philosophen Gilles Deleuze und Felix Guattari - mit linksintellektuellem Gehalt aufzuladen. Doch wie so oft scheiterten diese Versuche, abstrakter elektronischer Musik eine subversive Strategie unterzuschieben, am Objekt selbst.
Der konzeptuelle Rahmen, in dem sich Oval bewegt, lautet: Es interessiert nicht, was dabei herauskommt, sondern nur, wie es gemacht wird. Zentrales Anliegen ist es, auf die Standards von Software, Interfaces und Betriebssystemen hinzuweisen, auf die unhintergehbaren Grenzen von digitaler Musik - und so ein Modell für eine mögliche andere Musik im Rahmen technischer Machbarkeit zu entwerfen. Von der Klangästhetik her ist "Ovalprocess" eher an Gitarrensound und Neo-Noise angelehnt als an elektronischer Musik. Das kracht, fiept und zwitschert, ohne jemals einen durchgehenden Rhythmus aufzunehmen. Schicht für Schicht werden Klangblöcke übereinandergelegt, bis sich im Ohr des Hörers aus diffusem Rauschen nichtlineare Melodien, Modem-Sounds und Orgeln herausschälen. Eine sehnsüchtige, fast melancholische Stimmung liegt im Raum und öffnet ihn, hörbar und imaginär. Wollte man nach Vergleichen suchen, so wären die naheliegendsten Bezugspunkte die Arbeiten von Christian Fennesz und Peter Rehberg, bei denen es ebenfalls um die Veränderung und Erweiterung digitaler Möglichkeiten geht. "Ovalprocess" ist ein Vorschlag, wie Psychedelik unter den Bedingungen von Mac OS 9 im Jahr 2000 klingen könnte.
"Ovalprocess" ist jedoch mehr als ein Album - es ist gleichzeitig der Auftakt für ein ambitioniertes Projekt. Mit einem über mehrere Etappen geplanten Gesamtpaket aus Audio-CD, Software und verschiedenen interaktiven Klanginstallationen will sich Markus Popp kontinuierlich von seinem bisherigen Dasein als reiner "Recording Artist" lösen. Nicht mehr das Publikum, sondern der User soll im Mittelpunkt stehen. Der erste Schritt dorthin war die Installation eines Terminals, das seit Jahresbeginn im Sony Center am Potsdamer Platz in Berlin ausgestellt ist. Dort kann man aus einem Sample-Archiv selbständig die Musik von Oval nachbauen und rearrangieren: eine interaktive Einladung, die es dem User ermöglicht, vom Konsumenten zum Produzenten zu werden; ein demokratischer Gedanke, der gleichzeitig wie der uralte Künstlerwunsch wirkt, nach neuen Möglichkeiten und Offensiven im Kunstbetrieb zu suchen. Für Oval bedeutet das: Raus aus dem Kunst-Avantgarde-Modeschau-Zirkus, rein in die ôffentlichkeit. Public Domain, Workflow, Zur-Verfügung-Stellen von Sounds. Wieder eine neue Form von Radikalität.