Was passiert, wenn Menschen, die eigentlich gar nicht zueinander passen, sich auf engstem Raum zusammendrängen, um freie Liebe zu praktizieren und "alles auszudiskutieren", zeigt Lukas Moodyssons Hippie-Reminiszenz "Zusammen".
Schweden 1975: Elisabeth (Lisa Lindgren) fängt eine Watschen zuviel von ihrem Gatten und beschließt, mit Tochter und Sohn abzuhauen. Als Unterschlupf fällt ihr nur die Wohnung ihres Bruders ein. Elisabeth ist eine durchschnittlich unterdrückte, stinknormale Hausfrau; ihr Bruder Göran (Gustaf Hammarsten) allerdings ist ein zotteliger Hippie, der mit ein paar anderen Menschen seines Schlages eine Wohngemeinschaft betreibt, wo vor allem politisch und weltanschaulich diskutiert, durcheinandergefickt und gefeiert wird. Als Lisa nun in dieser WG einzieht, prallen Welten aufeinander. Nicht nur Elisabeths Leben wird sich für immer verändern.
Göran ist der konfliktscheue Gutmensch in der Runde - und oftmals dem Psychoterror der anderen hilflos ausgeliefert. Lena (Anja Lundqvist) ist seine Freundin, die sich besonders gern des Prinzips der freien Liebe bedient, ohne darüber nachzudenken, daß sie damit vielleicht Görans Gefühle verletzen könnte. Anna (Jessica Lindberg) hat sich gerade von Lasse getrennt und versucht sich nun als Lesbe - sie läuft gern mit nacktem Unterkörper durch die WG, weil sie gerade einen Pilz da unten auskuriert. Anna macht sich später deftig an Elisabeth heran, um deren Verkorkstheit aufzubrechen. Lasse (Ola Norell) ist über die kürzliche Trennung von Anna erbittert, was seinen Zynismus noch verstärkt. Der schwule Klas (Shanti Roney) macht ihm deutliche Avancen, denen er irgendwann nachgeben dürfte. Und dann wären da noch ein paar radikale Anarchisten und Zivilisationsflüchtlinge...
Das ganze Gedudel von Liebe, Toleranz und Offenheit bricht jedenfalls in absehbarer Zeit ziemlich zusammen. Menschen bleiben eben Menschen, auch wenn sie sich als Hippies verkleiden und seltener waschen. Die Probleme - Einsamkeit, Existenzängste, Unsicherheit und ganz einfach Angst - sind immer dieselben. Daß sich Elisabeths Tochter in den Sohn der extrem spießigen Nachbarsfamilie verliebt, ihr Sohn Stefan lieber zum Vater Rolf zurück will, dieser aber vor lauter Kummer zu saufen begonnen hat und schließlich beim Kommunenhaus auftaucht, um dort Wickel anzufangen - und daß schließlich alles anders kommt -, macht die Sache nicht leichter, aber umso menschlicher.
Lukas Moodysson gelingt nach "Fucking Amal" ein weiterer äußerst realistischer Blick auf einen sozialen Mikrokosmos, der mit stets humorvoll verpackter psychologischer Dichte punktet. "Zusammen" ist ein Feelgood-Movie fernab jeglicher Coolness, filmisch gekonnt umgesetzt und mit durchwegs überzeugenden Schauspielern. Eine gewisse Grund-Antipathie für die Protagonisten wird man sich allerdings nicht verkneifen können. Stinkende Hippies...
Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.
|