Natürlich hat es Richard Dorfmeister und Rupert Huber bei ihrem Projekt Tosca geholfen, daß einer der beiden 50 Prozent der Firma K&D ist. Nötig hatten sie diese indirekte Hilfestellung aber nicht, denn ihre Musik weiß auch ohne Gratis-PR zu gefallen. Jetzt ist ihr letztes, reichlich geniales Album "Suzuki" zu Remix-Ehren gekommen.
Ob es den Wiener Sound wirklich gibt, und wenn ja, welche kulturtechnischen Spezifika dafür verantwortlich sind, soll hier nicht behandelt werden. Tatsache ist, daß die Donaumetropole der Geburtsort einer Menge grandioser (und auch miserabler) Nu-Groove/Downbeat/Chillout-Musik war und ist. Fest steht außerdem, daß Richard Dorfmeister und Peter Kruder in ihrer Rolle als K&D nicht unwesentlich für diese Entwicklung verantwortlich waren - und sei es nur, weil sie als erste Wien aus der Dunkelheit in den medialen Lichtkegel gehoben haben.
Der Markenname Kruder & Dorfmeister existiert nach wie vor, die musikalischen Errungenschaften der beiden kommen jedoch mittlerweile aus zwei separaten Ecken. Während Peter Kruder (verkleidet als Peace Orchestra) auf Solopfaden zu wandeln begann, schloß sich Richard Dorfmeister mit seinem alten Kumpel Rupert Huber kurz und gründete Tosca. Das erste Album "Opera" war mit seinen selbstbewußten, klaren Beats und Grooves, den clever eingesetzten Samples und dem alles um- und erfassenden Funk der erwartete Erfolg. Beim Nachfolger "Suzuki" blieben die Grundzüge gleich - das Erfolgsrezept stand, lediglich einzelne Nuancen bekamen einen neuen, verfeinerten Schliff. Des Resultat: noch mehr Erfolg. Der kam verdientermaßen, denn nur wenige verstehen es in ähnlich gekonnter Weise, funky Grooves, meditative Harmonien und pure Energy-Beats so gekonnt zu einem neuen, Wohnzimmer wie Club durchdringenden Ganzen zu verbinden (auch wenn so mancher "Experte" genau diesen Ansatz als zu clean und simpel kritisierte).
In einer Szene, wo die studiotechnische Neubearbeitung fast genausoviel künstlerischen und kommerziellen Wert besitzt wie das Original, stand außer Frage, daß ein dermaßen erfolgreiches Album seine Draufgabe in Form einer Remix-CD bekommen mußte: "Suzuki In Dub". Während Platten dieser Art oft eine verzichtbare Draufgabe zum Original sind, bekommt man hier - nicht nur als Fan - ein wahres Geschenk auf den Plattenteller gelegt. All die Facetten und Ebenen, die zu "Tosca" gepaßt hätten, werden quasi als Vervollständigung nachgeliefert: das reduzierte, träumerische "Busenfreund" von Baby Mammoth, das spacige, in Neo-Dancehall getränkte "Annanas" im Re-Design der Cosmic Rockers, das meisterhafte Loop-Mosaik der coolen Grooves der G-Stone-Angeheirateten Walkner & Möstl oder die Root-Dub-Version der Deadbeats.
"Suzuki In Dub" fühlt sich an wie ein eigenständiges Album, ohne daß der ursprüngliche Geist der Tracks verlorengegangen wäre. Es wirkt wie der Versuch, herauszufinden, in welche anderen musikalischen Welten die Originale befördert werden können, ohne sich zu verlieren - z. B. Ukos Gratwanderung zwischen technoiden Beats mit Funk-Extensions oder das Trance-Gewand des Cosmopoliten-Duos dZihan & Kamien. Das Album ist ein seltener Idealfall, in dem die Remixes ihren eigenen Charakter entwickeln, der auf der Qualität des Originals beruht. Nachdem man "Suzuki In Dub" gehört hat, wirkt das Original allein wie ein Roman ohne Ende. Aber wir freuen uns doch alle über ein Happy-End...
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