In den 20er und 30er Jahren schrieb Erle Stanley Gardner unzählige Geschichten für verschiedene Kriminalmagazine. Der soeben erschienene Band "Die Abenteuer des Paul Pry" faßt einige seiner besten Stories um einen seiner frühen Helden zusammen.
Wenn man an Kriminalstories denkt, die in der Glanzzeit der Pulp-Magazine erschienen sind, so fallen einem zumeist Dashiell Hammett und Raymond Chandler ein. Diese Autoren werden stets als die bedeutendsten Klassiker der Kriminalliteratur angeführt, die den Sprung aus Groschenheften auf den Hardcover-Markt schafften. Einfluß und Bedeutung der beiden sind zwar nicht zu leugnen, doch die Ehre, der populärste Schriftsteller aus dem Umfeld der "Schundliteratur" zu sein, gebührt keinem anderem als Erle Stanley Gardner.
In den letzten 50 Jahren wurden etwa 300 Millionen Exemplare von Gardners Romanen, darunter die Serie über Perry Mason, den wohl berühmtesten Anwalt des Krimi-Genres, verkauft. Dieser Erfolg läßt seine Popularität als Autor von Kurzgeschichten natürlich verblassen; dabei war Gardner nicht nur einer der meistgekauften Kriminalschriftsteller auf dem Hardcover- und Paperback-Markt, sondern konnte auch als Autor für diverse Zeitschriften große Erfolge verbuchen. Über 500 Geschichten, Erzählungen und Kurzromane soll der beeindruckend produktive Autor für Kriminalmagazine geschrieben haben - für "Black Mask", "Detective Fiction Weekly" oder "Dime Detective" fungierte er mehr oder weniger als Zugpferd und trug beträchtlich zur Popularität dieser Blätter bei. Im Gegensatz zu seinen Kollegen Hammett und Chandler, die ihre Erfolge als Pulp-Autoren als Sprungbrett für ihre spätere Karriere nützten, wollte Gardner mit seiner Vergangenheit später jedoch nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Als Verleger planten, seine in Magazinen erschienenen Geschichten gesammelt herauszugeben, lehnte er dies standhaft ab, da er an seinen aktuellen Werken gemessen werden wollte und nicht an Kurzgeschichten, die er vor vielen Jahren geschrieben hatte.
Im Laufe der Zeit erschuf Gardner etliche Dutzend Detektive, Gangster und sonstige Gestalten wie etwa Ed Jenkins, Sidney Zoom, Lester Leith oder Paul Pry - einen seiner beliebtesten Serienhelden, der von 1930 bis 1939 in insgesamt 27 Geschichten vorkam. Besagter Pry fristet sein Dasein als Opportunist, wie er im Buche steht. Seine Spezialität ist es, den Größen der Unterwelt ihre Coups zu vermasseln und die Beute abzujagen, um die Belohnung dafür zu kassieren. Dabei sind dem stets gut gekleideten und unauffälligen Gentleman ein als harmloser Spazierstock getarnter Degen sowie sein treuer Assistent Mugs Magoo - ein ehemaliger Polizist und immer noch Alkoholiker; der Mann, der kein Gesicht vergißt - behilflich.
In "Die Abenteuer des Paul Pry" legen sich Pry und Magoo in neun Abenteuern unter anderem mit dem Unterweltboß "Big Front" Gilvray an und lösen die unterschiedlichsten Fälle. Die Geschichten sind zumeist sehr ähnlich aufgebaut und wirken teilweise etwas handlungsarm; einige der Stories zeichnen sich aber durch gut durchdachte Verbrechen aus, die Pry mit größtem Einsatz aufklärt. Alles in allem sind die hier enthaltenen Stories ganz nette Kriminalgeschichten, denen man ihr Alter und ihre Groschenheft-Herkunft zwar anmerkt, die aber trotzdem ganz amüsant sind und einige Überraschungen beinhalten.
Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.
|