"Jedes Jahr ein neuer Pratchett" dürfte das Motto der Verleger dieses äußerst beliebten und vielgelesenen britischen Autors sein. Doch leider zeigten bereits seine letzten Werke gewisse Abnutzungserscheinungen. Auch beim "Fünften Elefanten" ist dies nicht viel anders.
Terry Pratchett gehört neben Douglas Adams sicherlich zu den bekanntesten Ikonen des SF/Fantasy-Genres, und dementsprechend wird auch jeder neue Autor, der sich den komischen Seiten dieses Gattung verschreibt, automatisch mit den beiden verglichen. Obwohl Adams Werk sich bis heute auf ganze acht Bücher beschränkt und Pratchett sich seit einiger Zeit nur noch selbst kopiert, dienen sie zahlreichen Kritikern als Götzenbilder, ansatzweise vergleichbar mit dem Status, den Jean-Luc Goddard und der Autorenfilm im allgemeinen immer noch unter den Cineasten einnehmen. Irgendwann einmal waren die Jungs ja gut und ihre Werke wirklich jung und erfrischend...
Während Adams jedoch vermutlich wußte, wann es Zeit war, aufzuhören, ist Pratchett von seinem eigenen Talent und (wohlverdienten) Erfolg anscheinend so geblendet, daß er spätestens seit "Fliegende Fetzen" nichts Nennenswertes mehr geschrieben hat. Was erwartet den Leser also beim soeben auf deutsch erschienenen fünfundzwanzigsten Eintrag in die Scheibenweltgeschichte?
Seine Exzellenz Sir Samuel Mumm, Herzog von Ankh, Kommandeur der hiesigen Stadtwache und ehemaliger Tafelwart, erhält von Lord Vetinari den Auftrag, in diplomatischer Mission nach Überwald zu reisen, um dort als offizieller Stellvertreter Ankh-Morporks an der Krönung des Niederen Königs teilzunehmen - im übrigen ein Zwergenritual, bei dem einer alten Steinsemmel eine beträchtliche Rolle zukommt. Diese wird gleich nach Mumms Ankunft gestohlen, und der Ermittler muß gemeinsam mit seinen tapferen Recken, der Zwergin Grinsi Kleinpo und dem Troll Detritus, an der Aufklärung des Verbrechens arbeiten, um eine mittlere Katastrophe zu verhindern. Natürlich dürfen dabei auch Hauptmann Karotte und dessen Geliebte Angua, ihres Zeichens eine Werwölfin, nicht fehlen.
Bescherte einem früher die Lektüre eines Scheibenwelt-Romans spätestens nach Seite zwanzig heftige Zwerchfellschmerzen, so muß man bei "Der fünfte Elefant" höchstens dann und wann einmal schmunzeln. Mit diesem Buch hat Pratchett nun auch mit seinen wohl witzigsten Charakteren, der Wache Ankh-Morporks, das letzte Pulver verschossen, denn die Lektüre ist zwar durchaus spannend und amüsant, aber leider für Kenner auch vorhersehbar und langweilig. Wenn man Pratchetts Werke in mehr oder weniger chronologischer Reihenfolge gelesen hat, konnte man sich über seine ersten beiden Schaffensperioden königlich amüsieren. Zu Beginn parodierte er gekonnt das damals viel zu ernst genommene Fantasy-Genre, danach ging er zur herrlich pointierten und brüllend komischen Gesellschaftskritik mit einem Hauch von Philosophie über. Doch irgendwann begann er, sich und seine Welt zu ernst zu nehmen, und Innovativität wurde durch Routine ersetzt.
Bleibt nur zu hoffen, daß sein neuester (noch nicht übersetzter) Streich, "The Truth", wieder hält, was der Name Pratchett einmal versprochen hat. Denn warum sollte man sich als Leser dauernd mit halben Sachen zufrieden geben?
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