Geoff Crammond is back! Der Schöpfer der legendären "Grand Prix"-Reihe für den PC meldet sich eindrucksvoll im hart umkämpften Racer-Genre zurück. Und wieder einmal beweist er, daß mit Hirn und Intelligenz mehr aus einem Game zu holen ist als mit sinnlosen Effekthaschereien.
Wir wollen doch nicht lange um den heißen Brei herumreden: "Grand Prix 3" steht eindeutig auf der Pole Position im Bereich der Formel-1-Rennspiele. Egal, ob man eine ganze Saison durchfahren und dabei an jedem Einzelteil seines Wagens herumbasteln will, oder ob man nur ein paar schnelle Runden in einem Silberpfeil drehen und dabei den häßlichen roten Flitzer von Schumi von der Strecke schubsen möchte - "Grand Prix 3" ist das richtige Spiel.
Nach einer angenehm kurzen Installation (knapp vier Minuten auf einem 550-PIII) und einer mäßigen Intro-Sequenz gelangt man ins Hauptmenü von "GP3". Hier kann der angehende Rennfahrer so ziemlich alles einstellen und verwalten, speichern, laden und ausdrucken, was sein Herz begehrt. Für Ungeduldige empfiehlt sich gleich zu Anfang ein "Quick Race", in dem man ein Neun-Runden-Rennen auf dem Kurs seiner Wahl fährt. (Vorsicht, unbedingt vorher die Fahrereinstellungen überprüfen, sonst sitzt man plötzlich als Michael Schumacher im Ferrari. Und das muß nicht sein.)
Die Grafik von "Grand Prix 3" ist sensationell. Die Boliden sind äußerst realistisch dargestellt; die Strecken für Kenner der Materie sofort wiedererkennbar. Das ganze Spiel läuft in wunderschöner High-Res-Grafik absolut ruckelfrei (3D-Beschleuniger vorausgesetzt). Falls man tatsächlich der aussterbenden Gattung von PC-Spielern angehört, die noch immer nicht zumindest eine Voodoo-III- oder Riva-TNT-2-Karte im Rechner werkeln hat, muß man sich mit einer etwas schlechteren Grafik zufriedengeben. Allerdings ist das Spiel so genau programmiert, daß mit einem schnellen Prozessor (450+) und bei genügend RAM (64 MB+) auch ohne 3D-Karte eine Auflösung von immerhin 800x600 fast ruckelfrei wiedergegeben wird.
Das wahre Highlight von "GP3" ist allerdings der Saisonmodus. Nachdem man sich einen Fahrer und ein Team ausgesucht bzw. selbst erschaffen hat, beginnt der Auftakt der Rennsaison im australischen Melbourne mit einem zumeist verregneten Donnerstagstraining. Im interessanteren Freitagstraining testen die meisten Teams noch ein letztes Mal die verschiedenen Einstellungen, ehe es zum Qualifying am Samstag geht.
Hier werden dann (vor allem in den höheren Schwierigkeitsgraden) die Samthandschuhe abgestreift, und die brutale Jagd nach jeder einzelnen Hundertstelsekunde nimmt ihren Lauf. Die Computergegner schenken einem nicht einen Millimeter, geschweige denn einen Platz in der Startaufstellung. Nachdem das verregnete Qualifying abgschlossen ist, steht der Autor dieser Zeilen nun in seinem Jordan auf einer akzeptablen vierten Startposition. Hier der Live-Rennbericht:
"Nach dem Qualifying tüftle ich noch einmal an der Einstellung der Bremsen herum, auch die Schaltwege werden noch schnell angepaßt. Außerdem ändere ich meine Boxenstop-Strategie von einen auf zwei Stops. Für das zweite und bis zum vierten Fünftel des Rennens wurde Regen vorhergesagt, also hoffe ich auf einen guten Start, um die Gegner gleich hinter mir zu lassen.
Sonntag. Das Rennen fängt in wenigen Sekunden an, und ich starre gebannt auf die Lichter der Startkontrolle. Hakkinen steht in der Pole, daneben Schuhmacher. Links neben mir ist Coulthard, dann Frentzen und hinter mir Wurz. (Was? Wurz an 6. Stelle? Es ist halt doch nur ein Spiel.) Die Lichter der Startampel blitzen auf. Rot. Rot. Rot. Rot. Rot ...... Grün. Das Rennen beginnt. Ich erwische einen perfekten Start und schiebe mich an Coulthard vorbei. Am Start überholt Schumacher Hakkinen, und so gehen wir in die erste Kurve. Am Brabham-Stand vorbei jagen wir in Richtung Schikane vor dem Whiteford-Stand. Ich mache mich bereit für das Anbremsen der Kurve, als ich vor mir weißen Rauch sehe. Hakkinen hat sich verbremst und rutscht bedrohlich nahe an den Rand der Piste. Seinen Fehler nütze ich aus, und so liege ich am Ende der Schikane an 2. Stelle.
Die nächsten 15 Runden jage ich dem Ferrarri von Schumi hinterher; der Deutsche und ich liefern uns ein hartes Duell. Ich bin auf den Geraden etwas schneller, doch der Ferrari liegt wesentlich besser in den Kurven als mein kleines gelbes Auto. In der 17. Runde beginnt es zu regnen. Noch zwei schnelle Runden auf halbwegs trockener Fahrbahn und mit leichterem Tank, dann sind Schumi und ich in der gleichen Runde in den Boxen. Dank überragender Arbeit meiner Techniker bin ich fast zweieinhalb Sekunden schneller als Schumacher und komme deshalb als erster aus den Boxen. Im Rückspiegel sehe ich den Ferrarri noch kurz in der Boxengasse, und schon bin ich außerhalb der Geschwindigkeitsbegrenzung und steige voll aufs Gas, einen Freudenschrei auf den Lippen. Vor mir liegt nur noch freie Piste, und ich plane schon meine Rede beim Siegerinterview.
Doch da geht ein kurzer Ruck durch meinen Boliden. Das Fahrzeug bricht nach rechts aus, kommt auf den Rasen, und das Heck beginnt wild zu schlittern. Im Augenwinkel sehe ich noch kurz den McLaren von Hakkinen, der sich wild um die eigene Achse drehend in die Begrenzungsmauer bohrt. Verdammt! In meiner Vorfreude habe ich den Silberpfeil nicht im Rückspiegel gesehen, und sein rechtes Vorderrad ist mit meinem linken Hinterreifen kollidiert. Crash bei Tempo 200! Doch noch ist nicht alles verloren.
Bereits in extremer Schräglage, versuche ich meinen Wagen doch noch irgendwie wieder auf die Piste zu bekommen, da sich auch meinem Flitzer mit extremer Geschwindigkeit eine häßliche graue Mauer nähert. Also schlage ich voll ein und steige in purer Verzweiflung nochmal voll aufs Gas. Keine gute Idee... Das Heck bricht endgültig aus, und ich schleudere in wilden Kreisen nach links, quer über die Piste. Sofort darauf dröhnt ein unheimlicher Knall in meinen Ohren. Rote und gelbe Karosserieteile fliegen durch die Luft, mehrere Reifen kullern in der Gegend herum. Mein Auto ist bereits Schrott, als ich mit Tempo 150 in einen Reifenstapel krache. Kurz nach meinem Crash vernehme ich noch einen weiteren dumpfen Aufschlag. Nach einigen Sekunden des Fluchens erscheint auch schon die brutale Wahrheit auf dem Bildschirm:
'Mika Hakkinen is out of the race.' 'You are out of the race.' 'Michael Schumacher is out of the race.' Bei meinem Dreher quer über die Piste habe ich also den Ferrari von Schumi von der Piste geschossen. Wenigstens hat mein Ausscheiden noch eine positive Seite gehabt..."
Und damit verabschiedet sich unser Formel-1-Reporter von der werten Leserschaft. Wenn Sie selbst solche Rennabenteuer erleben wollen, sollten Sie sich "GP3" schleunigst zulegen.