"Kauzig" und "verschroben" sind Hilfsausdrücke beim Versuch einer Beschreibung der Musik von The Third Eye Foundation. Eine Parodie auf Triphop und Downtempo oder ernstgemeinte Übersteigerung von Drama und Melancholie, Isolation und Ausweglosigkeit mit einfachsten Mitteln, ohne als Heulsuse dazustehen? Matt Elliott macht - oder vielmehr machte - es möglich.
Songitel wie "In Bristol With A Pistol", "I´ve Lost That Lovin´ Feline", "There´s A Fight at the End of the Tunnel" und "I´m Sick and Tired of Being Sick and Tired" sowie die kruden Artworks der Releases ließen bei den ersten Berührungen mit The Third Eye Foundation schon jenen absurden Humor und die Prise Weirdness vermuten, die einen Großteil des Charmes der Musik ausmachten. Matt Elliott kreuzte auf dem ersten TEF-Album "Semtex" mehrfach überlagerte Gitarrenspuren manchmal mit hektischem, Squarepusher-artigem Drum´n´Bass und manchmal mit schwer gebremsten Zeitlupen-Beats wie straight out of Crooklyn. Mit dem nächsten Album "Ghost" entfernte er sich aber zusehends von seinen Noise-Wurzeln und läutete den eigentlichen TEF-Sound ein, eine kontemplative und beschwörende Spukhausmusik, die trotz aller Düsternis auf wundersame Weise zu bezaubern wußte.
Einige Singles, EPs und Remixes später erschien mit "You Guys Kill Me" auf Domino Records das wohl erfolgreichste Album der Serie, ein rätselhafter und fremdartiger Exkurs durch Drum´n´Bass/Downtempo-Regionen, weit jenseits der gängigen Vertreter der Genres. "Little Lost Soul", das 2000 veröffentlichte Album, zieht die Emotionsschraube noch ein wenig fester an - langsam und elegisch fragt Elliott "What Is It With You?", meint "Goddamit You´ve Got to Be Kind" und sagt selbst dazu: "I hear enough noise in everyday life, I wanted to make a 'beautiful' record. Something a bit sombre, something to melt hearts; that was the intention." Herzzerreißend und kitschfrei ist "Little Lost Soul" tatsächlich ausgefallen - ein seltenes Beispiel dramatisierter Emotionen im rein instrumentalen Kontext.
Das aktuell erschienene und eben letzte Album "I Poopoo on Your Juju" beinhaltet einen Überblick über bisher unveröffentlichte oder rare Kollaborationen und Remixes - wobei die Remixes, wie so oft, als völlig eigenständige, neue TEF-Stücke wahrgenommen werden sollten; der Dekonstruktionsgrad der Stücke ist tatsächlich enorm. So finden sich Tarwater, Faultline, The Remote Viewer, Yann Tiersen, Urchin und Blond Redhead unter den bearbeiteten Künstlern, während mit Chris Morris und Glanta je eine "Versus"-Kollaboration vorgenommen wurde. Und allein der Opener "La Dispute", im Original von Yann Tiersen, rechtfertigt den Kauf schon fast: eines der schönsten Klavierstücke neuerer U-Musik-Provenienz, begleitet von einer traurigen Ziehharmonika und ganz zum Schluß von nebligen Stimmsamples - mehr "Schlußszene-eines-französischen-Liebesdramas" geht wohl kaum. Völlig unkenntlich gemachte Samples, cinemascopische Streicher, dezent in Szene gesetzte Rhythmusgruppen und flüsternde Stimmen lassen die Atmospäre nie verblassen und wissen in ihren Bann zu ziehen. Eine irritierend geniale Platte, bezaubernd und verführerisch.
Und hier noch der Grund für den Schlußstrich unter TEF - ein Statement seines Labels Domino Records: "So this is to be some kind of stunning farewell to The Third Eye Foundation; Matt Elliott feeling that its dark atmos is probably too overwhelming for the skills he needs to bring to fatherhood. Well, this is a beautiful way to go, in a series of treatments that takes in everything from Chris Morris to Jonathan Richman, alongside fellow travellers like The Remote Viewer and Berlin´s Tarwater. Some of this music may even be his best; a fantastic opening track, all early 20thC piano minimalism, giving way to dislocated vocals and beautiful abstracts and other stuff. Some parts feel like the ultimate Central European-located spy film, some parts are like Middle-Eastern market-places, and some parts are like nowhere. Matt, wherever you are, come back soon."
Dem ist wahrlich nichts mehr hinzufügen.