Hölle vor dem Tod

Willkommen zu einem hochgradig unlustigen Film, in dem es allerdings einiges zu lachen gibt - vorausgesetzt, man hat die richtige Art Humor, um den australischen Streifen "Chopper" schätzen zu können.

"Chopper" erzählt die Geschichte von Mark Brandon "Chopper" Read, einer Art australischem "Gangster No. 1", der mindestens genauso ungut ist wie der Schlächter aus dem gleichnamigen britischen Film - nur eben (schlicht, ergreifend und proudly presented): die Proloversion.

Was den Amis ihr Al Capone, den Deutschen Joschka Fischer, uns Tony Wegas und dem Cholesterin-Junkie sein Frühstücksei, ist den Koalabären der Herr, um den es in diesem Film geht. Als Sohn einer bekennenden Adventsektiererin und eines shellgeschockten Kriegsveteranen, der nur gut schlafen konnte, wenn er sich an seine geladene Knarre kuschelte, mußte Mark Read bald feststellen, daß man nicht unbedingt ein Boy named Sue sein muß, um von seinen geschätzten Mitschülern so richtig schön verarscht zu werden. Es war fürwahr ein liebes Kind, das da zu einem freudschen Paradepsychopathen heranreifte, behaftet mit der fixen Idee, der härteste von allen zu werden.

Die nun vorliegende Verfilmung eines Lebensabschnitts dieses zur Kultfigur hochstilisierten Irren beinhaltet ca. 15 bis 20 Jahre im Zeitraffer. Die Handlung startet im Jahr 1976, nachdem "Chopper" wegen versuchter Entführung eines Richters (um seinen besten Freund aus dem Gefängnis freizupressen) zu sechzehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde und nun in der "H Division", einem berüchtigten Hochsicherheitstrakt des Pentridge-Gefängnisses in Melbourne, sitzt. Choppers Versuch, die Nummer eins der H Division zu werden, indem er einfach den eingesessenen Platzhirsch ersticht (was im Film übrigens sehr, sehr deutlich dargestellt wird), bringt ihm nur wenige bis gar keine Sympathien ein. Im Gegenteil - von nun an steht er auf der Abschußliste.

Die folgenden Ereignisse führen dazu, daß er sich - um seine Verlegung in einen anderen Gefängnistrakt zu erzwingen - von einem Mithäftling freiwillig und vorsätzlich beide Ohren abschneiden läßt (!!!). So mancher zartbesaiteten Natur dürfte spätetstens an dieser Stelle ob der wirklich drastischen Gewaltdarstellungen angst und bang werden. Danach macht die Handlung einen Sprung ins Jahr 1986: Chopper startet nach seiner Freilassung einen Amoklauf in Melbournes Unterwelt. Systematisch beginnt er Zuhälter, Nutten und Drogendealer auf heftigste zu terrorisieren, weshalb die örtliche Unterwelt bald einen Preis auf seinen Kopf aussetzt.

"Chopper" ist ein im Prinzip todernster Film, in dem Frauen nur am Rande vorkommen (bestenfalls als drogensüchtige Schlampen), der jedoch durch seine absurde und präzise Milieuschilderung für den Nicht-Gefängnis-Connaisseur so einige Klamauk-Highlights bereithält, die nur schwer zu toppen sind. Die Szene in der Bar (sehen Sie selbst) ist dabei nur die Spitze des Eisbergs!

Die erschreckend geniale und unübertreffliche Perfomance von Hauptdarsteller Eric Bana (einem der Top-Komiker Australiens) tut ihr übriges, um "Chopper" zu einem Pflichtkauf zu machen. Im direkten Vergleich weiß man erst, was für Knallchargen Tom "Eine Träne auf Reisen" Hanks & Co. wirklich sind.

Stilistisch können für den Regieerstling von Andrew Dominik Filme wie "Bad Boy Bubby", "Heaven" (falls den wer kennt, ein Geniestreich!) und "Gangster No. 1" als ungefähre Anhaltspunkte dienen.

Der echte Mark Brandon avancierte übrigens durch das Niederschreiben seiner teils erlebten, teils erfundenen (wie bei unserem "Minusmann") Storys vom Schwerverbrecher zum Bestseller-Autor und wird im Australien der Gegenwart in einem Atemzug mit Ned Kelly genannt. Er lebt heute mit seiner Frau und einem Kind in Tasmanien und beweist mit dem auf der DVD als Bonus-Feature enthaltenen Interview, daß er wirklich nicht ganz dicht ist!

Abschließend sei noch angemerkt, daß "Chopper" für Verbrechen und Gefängnis das ist, was "Saving Private Ryan" für Krieg nicht sein kann, nämlich abschreckend. Die Hölle ... und nur die!

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Chopper
(Puki, 09.03.2006 13:49)