Ganz so schlimm ist es vielleicht nicht... Wenn man tief in seiner Erinnerung gräbt, lassen sich eventuell schlimmere Produkte der schreiberischen Zunft finden. Dennoch: Der mit altklugen Weisheiten gespickte Roman "Der kälteste Winter aller Zeiten" der HipHopperin Sister Souljah gehört sicher nicht zu den Büchern, mit denen man seine Mußestunden zubringen möchte.
"Ich konnte Sister Souljah noch nie leiden", sagt Winter, die Hauptfigur des Romans, gleich zu Beginn über ihre Autorin. Schon nach kurzer Zeit kann man diesen Satz zumindest verstehen. Nicht nur, daß einem die Dame mit dem katholischen Pseudonym mit ihren Sentenzen auf den Geist geht, sie kann es auch nicht lassen, alle paar Augenblicke im Buch aufzutreten - sei es, daß sie uns übers Autoradio entgegenplärrt, oder daß über ihre weltverbesserischen Parolen diskutiert wird. Natürlich sind die Braven in ihre Kinder-, Frauen-, Black-Identity- und sonstige Programme involviert. Am Ende geht die gute S. S. dem Leser dann genauso auf die Nerven wie der Protagonistin.
Das Buch ist ein Thesenroman. Sister Souljah möchte uns etwas beweisen. Nämlich, daß die Welt den Bach runtergeht, wenn jeder nur an sich denkt. Und daß der Glaube Berge versetzt. Na, so ähnlich jedenfalls. Dagegen ist nichts zu sagen; das ist sogar recht lobenswert. Nur scheitert das Buch am selben Umstand, an dem die meisten Thesen- und Tendenzromane scheitern: Wer glaubt, etwas zu sagen zu haben, der sollte besser einen Essay schreiben. Verpackt man eine so eindeutige Botschaft in einen Tendenzroman, wird dieser oberflächlich, pathetisch und - wie der Name schon sagt - tendenziös.
Im Mittelpunkt steht Winter, die heißeste "Bitch" der Bronx und die Tochter des dortigen Ober-"Gangstas". Die kleine Winter hat nur Shoppen, Klamotten und Vögeln im Kopf. Der schwarze Kampf für die "Community" kümmert sie einen "Scheißdreck". Was ihr bald zum Verhängnis wird. Schon bald wird nämlich der Daddy eingelocht, die Mutter mutiert zum "Crackhead", und das Familienvermögen wird beschlagnahmt. Winter steht ohne Kohle auf der Straße und läßt sich von Männern aushalten.
Zwischendurch schlüpft sie kurz bei Sister Souljah unter. Der ideale Vorwand, um uns mit Details zu versorgen, die wir nicht wissen wollen: daß Souljah Unmengen von Büchern besitzt (bravo!), daß sie Gratis-Vorträge vor AIDS-Kranken und in Kirchen hält, daß sie keinen Sex hat, obwohl die Top-HipHopper vor ihrer Haustür Schlange stehen. Vor allem aber, daß sie so etwas wie ein Guru ist, wenn nicht der Heiland höchstpersönlich. Winter läßt sich davon nicht beeindrucken. Was Wunder also, wenn sie am Ende mit zerschnipseltem Gesicht und vernarbter Seele im Häfen einsitzt. Sie hatte halt schlicht die "falsche Einstellung".
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