Sprach der Rabe - Nimmermehr...

Er war einer der legendärsten Schauspieler des Horrorkinos, und sein Name ist Freunden des stilvollen Grusels mindestens genauso geläufig wie der von Christopher Lee: Vincent Price. Robert Zion hat dem Mann ein literarisches Denkmal gesetzt.

Drehen wir das Rad der Zeit ein wenig zurück. Stop, genau hier halten wir an - an der Stelle, als wir noch jeden Abend im Bett wahre Todesängste ausgestanden haben, wegen des Schwarzen Mannes. Erinnern Sie sich an die Angst, lebendig begraben, in heißem Wachs ertränkt oder von einem verrückt gewordenen Shakespeare-Darsteller brutal ermordet zu werden? All diese Schrecken verdanken wir einem ganz besonderen Schauspieler und Menschen, dessen Name das Herz jedes Genre-Fans ein paar Takte schneller schlagen läßt: Vincent Price.

Der Mime mit dem aristokratischen Antlitz schauspielerte sich jahrzehntelang in unser Gehirn und rief dabei alle möglichen Gefühlsregungen wach. Von wohligem Schauer über prickelnden Grusel, von herzhaftem Lachen bis zu blankem Entsetzen - er beherrschte einfach alle Facetten seines Berufs, für ihn war keine Rolle zu schwer. Robert Zion setzte diesem unverwechselbaren Unikat jetzt ein Denkmal.

In seinem Buch "Die Kontinuität des Bösen" zeichnet er den Weg der Ikone akribisch genau nach und führt uns von Prices filmischen Anfängen bei Universal über die trashig-kultigen Zeiten bei William Castle und Samuel Z. Arkoff (beide selbst Legenden) bis hin zu Roger Cormans Poe-Verfilmungen und zu guter Letzt Tim Burtons "Edward mit den Scherenhänden". Bei der Lektüre der einzelnen Kapitel merkt man, daß Zion selbst ein Connaisseur der zwielichtigen Spektakel ist. Man trifft unterwegs auf viele bekannte Namen, sowohl aus dem sogenannten "Trash"-Bereich als auch aus der "Cineastenecke". Zion scheut nicht davor zurück, selbst die katastrophalsten Auswüchse der Priceschen Karriere zu erwähnen, und erschafft so Stück für Stück ein faszinierendes Porträt des Schauspielers, der vielen u. a. als Dr. Phibes unvergeßlich bleiben wird. Doch auch der Mensch Vincent Price wird hier gebührend gewürdigt. Man erfährt über seine fast krankhafte Liebe zur Malerei und Kunst, die Theaterkarriere, seinen einzigartigen Humor und den absoluten Gentleman-Charakter.

Prices einzelne Schaffensperioden sind in Kapitel eingeteilt, die immer wieder durch genauere Filmbeschreibungen unterbrochen werden. Zion analysiert die wichtigsten Werke des Amerikaners und bringt ganz nebenbei immer wieder interessante Querverweise in Sachen Kinogeschichte. Man kann das stilistisch sehr locker und unterhaltsam geschriebene Werk nicht mehr aus der Hand legen, bevor man auch die letzten filmographischen Angaben mit Haut und Haar verschlungen hat.

Vincent Price war ein bemerkenswerter Mensch; Robert Zions "Die Kontinuität des Bösen" ist ein ebenso bemerkenswertes Buch. Wer Price ein paar seiner schlimmsten bzw. schönsten Kindheitsalpträume verdankt, sollte unbedingt zugreifen. Am 27. Mai hätte der Barde des poetischen Grauens übrigens seinen 90. Geburtstag gefeiert. Das Schlußwort soll an dieser Stelle ausnahmsweise Herrn Edgar Allan Poe überlassen werden:

"And the Raven, never flitting, still is sitting
On the pallid bust of Pallas just above my chamber door;
And his eyes have all the seeming of a demon´s that is dreaming,
And the lamp-light o´er him streaming throws his shadow on the floor,
And my soul from out that shadow, that lies floating on the floor
Shall be lifted - nevermore!"
(aus: "The Raven")

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Über den Autor:
Robert Zion - geboren 1966 in Kassel, Ausbildung zum Koch und Raumausstatter, Studium der Philosophie, Soziologie, Sozialpädagogik und Erziehungswissenschaften. Arbeit in der Literaturförderung, als Musiker, freier Journalist für Stadtmagazine, Tageszeitungen und verschiedene Filmzeitschriften, Publizist und Herausgeber, seit Oktober 2000 im Kulturmanagement der Bochumer Kinos CINEMA und METROPOLIS, seit Januar 2001 Kinoleiter des METROPOLIS/Bochum.