Mit seinem mittlerweile vierten Album für das deutsche Drum´n´Bass-Flaggschiff Position Chrome sticht Panacea wieder einmal aus dem doch ziemlich übelriechenden Genre heraus.
Es war einmal ein ziemlich dicker junger Mann, der weniger mit einem gutmütigen Bären als mit einem finster dreinschauenden, in Edelklamotten gekleideten Kinderschreck gemeinsam hatte. So wollte es zumindest der vor einer industriellen Müllhalde posierende Panacea. Der Soundtrack dazu war seine Version von Industrial Drum´n´Bass. Sein einziges Ziel damals: noch härter zu sein als das zu dieser Zeit tonangebende No-U-Turn-Label. Schamlos wurden die Drum-Samples von Leuten wie Doc Scott oder Nico ausgeborgt, die immer tiefer und verzerrter werdenden Basslines wie Gitarrenriffs eingesetzt, und um die Stimmung noch zu steigern, wurde fleißig von Industrial-Bands gesamplet.
Panacea hat ein Problem, und das kann uns nur recht sein. Viele erinnern sich wahrscheinlich noch selbst daran - dieses typische Phänomen, das viele von uns in der Schulzeit befällt und meist das ganze Leben lang nicht losläßt: Man muß immer die bösesten T-Shirts tragen und die härteste Musik hören. Wächst man dann - wie Panacea - noch in einem Internat für einen erfolgreichen Chor auf, ist der Härtling perfekt.
Vergeßt die vielen farblosen Drum´n´Bass-Producer, die sich milchgesichtig hinter ihren Geräten verstecken und die Clubs oft mit ihrem Einheits-Sound überschwemmen. Hier kommt jemand mit Rock-Star-Attitüde, die man aber bitteschön nicht allzu ernst nehmen sollte. Wann hat schon mal jemand sein Logo ähnlich dem einer Death-Metal-Band gestaltet? Gepost und angegeben wird überall. Sei es vor dem nagelneuen Porsche, der dann in späterer Folge als Wrack auf der Autobahn endet, oder bei den Live-Auftritten mit haufenweise Nieten und Lederhandschuhen. Ganz stolz wird von zertrümmertem Equipment erzählt, das in bester destruktiver Laune schon im eigenen Studio oder live demoliert wird.
War der Sound von Panacea früher oft noch durch heftige Soundscapes und brutale Breaks gekennzeichnet, so schielt er jetzt mit "German Engineering" unübersehbar auf den Dancefloor. Ein Schritt zurück ist besser als keiner nach vor - so lautet auch die Devise auf diesem Album. Wie heutzutage allgemein sehr beliebt, bedient sich auch Panacea diverser Old-School-Breakbeats und Rave-Elemente; dabei entwickelt er sogar eine gewisse Art von Funkiness, ohne aber seinen aggressiven Sound einzubüßen. Wem die Bad Company, Ram Recordings oder die Posse um Optical und Ed Rush etwas sagen, der sollte sich, falls er es immer noch nicht getan hat, Panacea ganz fest hinter die Ohren schreiben. Das Album füllt aber keineswegs nur die Tanzböden der Clubs, sondern sei aufgrund seiner Qualitäten auch wärmstens für den Heimgebrauch empfohlen - wobei man sich beim bevorzugtem Tanzstil, dem Schattenboxen, unbedingt die Nervensägen des Alltags vorstellen sollte.
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