Ein junger Gangster plant seinen letzten Coup, und ein Cop kommt ihm zu Hilfe. Johnnie Tos eleganter "Running Out of Time" mixt Hongkong-Action mit Humor zu einer leichtfüßigen, sehenswerten Tragikomödie.
Rasanz, entfesselt-farbenprächtige Bilder und kinetische Schwerelosigkeit meets Pathos, Melodramatik und emotionsgeladene Helden: Mit ihren die Gesetze der Schwerkraft und trägen Kinokonventionen mißachtenden Action-Filmen etablierten Regie-Genies wie Tsui Hark und John Woo die atemberaubende Hongkong-New-Wave auch im Westen. Kultisch verehrte Meisterwerke wie "The Killer", "Peking Opera Blues" oder "A Chinese Ghost Story" veränderten in unseren Breiten das Antlitz des Action-Movies für immer. Aber bekanntlich frißt die Revolution ihre Kinder - auch die cineastischen. Während also John Woo in Hollywood bis zur Unkenntlichkeit weichgespült wird (siehe den mißlungenen "MI 2") und Tsui Hark schon als wahrscheinliches zweites Opfer in den Startlöchern steht, kommt der Auftritt des 45jährigen Johnnie To gerade rechtzeitig, um den leicht verblaßten Stern dieses Asia-Genres kräftig aufzupolieren. Nach etwa 30 Streifen entdeckte man ihn hier erst 1999 als Autorenfilmer. Seine ungemein eleganten Gangster-Epen, die Humor, leichtfüßige Action, Tempo und dazwischen fast japanisch anmutenden Stoizismus brillant verbinden, sind nach "The Mission" nun auch in "Running Out of Time" ein Sehgenuß erster Güte.
Die Story: Der krebskranke Wah (Teenie-Idol Andy Lau) erfährt, daß er nur noch wenige Tage zu leben hat. Als letzte Tat beschließt er, den Tod seines Vaters, für den er den Hehler Chan (Waise Lee) verantwortlich macht, mit einem spektakulären Coup zu rächen. Bei den Vorbereitungen trifft er auf den Polizisten und Kidnapping-Spezialisten Sang (Lau Ching-wan), als er eine junge Frau (Yo Yo Mong) kurz als Geisel nimmt. Der von seinem Job und einem tölpelhaften Vorgesetzten gelangweilte Inspektor wird unversehens immer enger in die ausgeklügelten Schachzüge Wahs verwickelt. Mit einer Mischung aus Neugierde und Faszination verfolgt er den ungewöhnlichen Gangster, bis er bemerkt, daß er von diesem geschickt manipuliert wird. Als Sang bei seinen Ermittlungen aber die wahren Motive Wahs entdeckt, geht er auf sein Spiel ein.
Zwei ungleiche Gegenspieler, die sich vor kühler Großstadtkulisse ein Verfolgungsduell liefern, kennt man auch von woanders her. Aber "Running Out of Time" verzichtet weitgehend auf Psychogramme und vor Pathos triefende Männlichkeitsklischees. Tos gutaussehende Protagonisten bewegen sich mit unaufdringlicher Lässigkeit, gleiten mit der nötigen Selbstironie durch die unausweichlichen Geschehnisse, und das in einem schönen Rhythmus und mit perfektem Timing. Es drängt (angesichts des Todesurteils) zwar die Zeit, aber Hektik ist ebenso unangebracht wie Erstarrung. Immer wieder ergeben sich überraschende Wendungen und Pointen, und je nach Sequenz wechselt der Film von purer Action zu Verwechslungskömödie oder zart angedeutetem Flirt, ohne tragischen Unterton. In einer Szene, als Wah zufällig seine hübsche Geisel wiedertrifft und sie zum Essen einlädt, hustet er schon zu Beginn Blut in seinen Drink. Aus dem Essen wird nichts. Aber aus dem Film. Und der ist ohne obligate Schußwechsel, dafür aber durch seine raffinierte Eleganz unbedingt sehenswert.
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