"Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger bist. Unter Schmerzen gebierst du Kinder." Kein guter Start in der "Genesis" für Eva. Und was ist mit den Frauen, die diese Mühsal des Kinderkriegens nicht auf sich nehmen? Aus welchen Gründen entscheiden sie sich dagegen? Was sind die Folgen?
Zu Beginn dieses Sammelbandes findet sich ein Beitrag von Christiane Schmerl und Lindy Ziebell mit dem Titel "Der Kinderwunsch und die Natur der Frau". Unter anderem erörtert er die Frage, wie der Kinderwunsch überhaupt zustande kommt. Ist er ein angeborenes, natürliches Verhalten oder gesellschaftlich geprägt? Das Fazit: Frauen sind weder abartig, egoistisch noch unweiblich, wenn sie sich nicht der Aufzucht ihrer Nachkommen widmen wollen. Allerdings ändern sich ihre Lebensperspektiven.
Historische Hintergründe sind bei Elisabeth Wallinger ("Der Verzicht auf Kinder als Weg zu größerer persönlicher Freiheit. Die Stellung unverheirateter und kinderloser Frauen im antiken Rom") und Claudia Opitz ("Zwischen Fluch und Heiligkeit - kinderlose Frauen im späteren Mittelalter") thematisiert. Daraus geht u. a. hervor, daß sich die Frauen dem religiösen Leben (Priesterinnen römischer Gottheiten, Nonnen im Kloster) keinesfalls immer nur dann widmeten, wenn sie keinen Mann "abbekommen" hatten. Viele wurden auch nicht strafweise aus dem herkömmlichen familiären Leben verbannt. Im Gegenteil; ein Leben z. B. im Kloster bot den Frauen viele Freiheiten. Sie konnten ihre Selbständigkeit weitgehend bewahren und hatten die Möglichkeit, etwas vom "Bildungskuchen" abzubekommen.
Erna Pfeiffer eröffnet uns den Blick auf den "Diskurs über Kind, Kinderlosigkeit und Frauenbefreiung in ausgewählten Romanen der letzten 100 Jahre" anhand ausgewählter Beispiele der spanischen Literatur. Sie führt den Lesern und Leserinnen sprachliche Feinheiten vor Augen und zeigt, daß die "mujer libre", die "freie" Frau, auch eine "öffentliche" Frau war und ist. Solche Hinweise auf Benennungen, die innerhalb einer bestimmten Sprachkultur eine Abwertung darstellen, finden sich unter anderem auch in Ruth Linhart-Fischers "Auch kein Kind zu haben ist eine Form von Glück. Japan: Frauen ohne Kinderwunsch", worin z. B. erstaunt, daß "Umazume", die "steinerne Frau", eines der schlimmsten Wörter in Japan ist. Der Schwerpunkt von Linhart-Fischers Beitrag liegt jedoch in einer Bestandsaufnahme der häufigsten Einstellungen japanischer Frauen zur Kindes-Frage.
Die Lovedu, Bewohner des gleichnamigen Königreichs im nördlichen Transvaal, und ihre (komplizierten) Familienverhältnisse stellt Elfi Höckner in "Kinder - die Garanten der Zukunft? Die gesellschaftliche Produktion von Kindern bei den Lovedu" dar. Besonders spannend: obwohl die Fortpflanzung eine hohe Bedeutung für die Bewohner aufweist, wird Unfruchtbarkeit nicht stigmatisiert. Für Frauen ohne Kinder gibt es eine interessante soziale Lösung.
Roswitha Roth konfrontiert Studierende in ihrer empirischen Studie mit dem Thema Kinderkriegen. Sehr persönliche Bilder finden sich in "Kinderlosigkeit - eine lebenslange Entscheidung" von Monika Pelz - in Interviews kommen hier Frauen mit und ohne Kindern zu Wort. Die Angst davor, im Beruf keinen Erfolg zu haben bzw. sich den Anforderungen des Berufslebens stellen zu müssen, zeigen den oft gar nicht so selbstlosen Charakter des Kindwunschs.
Karin Rick spricht eine sehr persönliche und direkte Sprache in "Mythos Mutter - Realität Frau". Sie leitet ihren Beitrag mit dem Satz ein: "Ich bin gegen den Terror der Mütter." Sie rechnet mit denjenigen ab, die ihren Sinn in der Aufopferung für andere sehen und diesen Zustand "zum Gesetz" erklären.
Das Buch ist bereits 1988 erschienen; trotzdem sind seine Inhalte nach wie vor aktuell. Besonders in einer Zeit, in der konservative Familienpolitik auf Kosten der Frauen betrieben wird, liefern diese Beiträge gute Argumente, um sich zur Wehr zu setzen. Und es ist mit seinem breiten Spektrum an Zugängen und Meinungen überaus umfassend und fair.
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