Der neueste Dogma-Film ist eine witzige, gefühlvolle Sozialstudie, die – soferne ausgestattet mit Hollywood-Stars und -Geld – mit Sicherheit im Vorfeld ihres Kinostarts von jeder Plakatwand und aus jedem Fernseher geschrieen hätte.
Eine Handvoll Bewohner eines unbedeutenden Vororts der dänischen Hauptstadt Kopenhagen fristen ihr Dasein mit den üblichen Hindernissen zum Glücklichsein. Pfarrer Andreas (Anders W. Berthelsen) hat die Gemeinde von seinem kurzfristig ausgezuckten Vorgänger übernommen und müht sich redlich ab, dem Glauben Sinn zu geben. Die leicht behinderte Olympia (Anette Støvelbæk) gibt sich alle (leider oft vergebliche) Mühe, in ihrem Job als Bäckereigehilfin zu bestehen, und ist heimlich in Pfarrer Andreas verliebt. Der verunsicherte Jorgen (Peter Gantzler) hat mit seinem besten Freund Hal-Finn (Lars Kaalund) einen Kantinen-Pächter am Hals, der absolut kein Gefühl für den richtigen Umgang mit Gästen hat – aber er bringt es einfach nicht über Herz, ihn zu feuern. Giulia (Sara Indrio Jensen), die resolute Kellnerin in Hal-Finns Kantine, ist in Jorgen verliebt – aber der würde sich nie zutrauen, auch nur die geringste Chance bei ihr zu haben. Karen (Ann Eleonora Jørgensen) schließlich plagt sich mit ihrer Mutter, einer selbstvergessenen Trinkerin, was dem Florieren ihres Friseursalons nicht gerade zuträglich ist. Es ist dieser Friseurladen, wo sich alle Beteiligten immer wieder über den Weg laufen. Und da ist noch der Italienisch-Kurs, durch den sich sämtliche Teilnehmer einen Ausweg aus ihrer Einsamkeit erhoffen, und den der sozial unterbelichtete Hal-Finn nach dem abrupten Tod des Lehrers mit dem üblichen grob-militärischen Drill ungefragt weiterführt.
Langsam entwickeln sich die kleinen, hoffnungsvollen Romanzen zwischen den gequälten, unerklärten Liebenden, während sich andere sukzessive auseinanderleben. Einige entdecken ungeahnte Qualitäten in sich - und unbekannte, nicht immer angenehme Verbindungen zueinander. Als die Italienisch-Klasse schließlich zu einem Venedig-Trip aufbricht, der vor allem endlich das selbstauferlegte Eis brechen soll, spitzen sich die Ereignisse im positiven wie negativen Sinne zu...
Das "Dogma" in diesem Film ist, daß er auf Video gedreht wurde, mit billigsten Mitteln und einem kreativen Potential, das so dankbar für die Chance zur Betätigung ist, daß sich Bestleistungen von selbst einstellen. Die kleinen Leiden und Freuden der Charaktere sind genauso schmerzlich wie symphatisch und nachvollziehbar; kaum jemand wird sich nicht im einen oder anderen Detail wiederfinden. Das, was das Kino seinen Zuschauern vermitteln soll, kommt in diesem Film mit einer bemerkenswerten Beiläufigkeit überaus kraftvoll zustande - ohne riesigen Aufwand, Tamtam oder Promotion. Überaus gewinnbringend, unterhaltsam und sehenswert.
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