Wenn einer eine Opiumpfeife raucht, dann kriegt er was zu sehen - z. B. Hinweise auf die Lösung eines Kriminalfalles. "From Hell" ist zwar ästhetisch stimmig, entläßt einem aber mit einem Gefühl von Leere und enttäuschten Erwartungen aus dem Kino.
Alan Moore ist eine Legende. Aber nur, wenn man sich mit Comics auskennt. Und das tun bekanntlich wenige. In den frühen 90er Jahren schrieb Moore eine Comicserie namens "From Hell" - eine mehr oder weniger regelmäßige Folge von Graphic-Novel-Teilen (insgesamt über 500 Seiten), die sich intensiv, vielschichtig und stellenweise auch überaus spekulativ (wenn gerade dadurch auch umso schlüssiger) mit dem Jack-The-Ripper-Mythos beschäftigten. Die Story war top - aber die anstrengenden Kraxel-Zeichnungen vereitelten den Genuß, zumindest für weniger anal veranlagte Comicsleser.
Niemand hätte mehr geglaubt, daß aus den lange gewälzten Plänen, "From Hell" zu verfilmen, tatsächlich etwas werden würde. Aber jetzt haben die Brüder Hughes ("Menace II Society") tatsächlich damit das Kino erreicht.
Schlecht geplant war die Sache nicht. Gefilmt in Prag, um das London von 1888 zu simulieren, ist eine große Stärke des Films seine düstere, sinistre Atmosphäre, die perfekt zur generellen Tendenz der im Film entworfenen Soziographie paßt: London im Viktorianischen Zeitalter, das bedeutet Korruption und Verderbtheit bis in den letzten Winkel, jeder ist schlecht und sündigt, was das Zeug hält, solange es nur nicht an die Öffentlichkeit gerät, und mittendrin ermordet "Jack" seine Nutten nach dem mittlerweile leidlich ausgeschlachteten rituellen System (bei unklarem Motiv, welches das eigentliche zentrale Thema des Films ist).
Dem Mörder auf der Spur ist Inspector Abberline (Johnny Depp), der seine kriminologische Inspiration aus der Opiumhöhle bezieht, sowie der Polizist Godley (Robbie Coltrane), der Abberline konsequent dort rausschleppt und behutsam an seine Pflicht erinnert. Holmes und Watson, möchte man meinen, aber das trifft es dann doch nicht. Recht planlos scheint die Suche nach dem "anatomisch begabten" Triebtäter, und man treibt sich im stimmig gezeichneten Hurenmilieu herum, das aber doch nicht dreckig genug ist, um zu überzeugen - genau wie die (überverkomplizierte) "Beziehung", die sich zwischen der Nutte Mary (Heather Graham) und Abberline ergibt. Eine konsequente Handlung von A bis Z ist hier gar nicht gefragt - wäre ja auch sinnlos repetitiv. Dementsprechend unentschieden und gezielt "anders" ist auch die Auflösung - ohne einen eigenen "Spin" zur JTR-Geschichte kann ein Film dieser Art gar nicht auskommen. Und dieser ist auch interessant, fügt sich quasi homogen in das Gesamtbild der (dargestellten) damaligen Zustände in London.
Keine Frage: "From Hell" ist ein betont cooler Film, auch in Hinsicht der Darstellungsformen, und ein cineastisch interessantes, gut gespieltes Stück Ausnahmekino. Aber die Story und die Charaktere bleiben einem leider wurscht. Und das befriedigt überhaupt nicht.
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