So etwas wie Deborah Crombies "Böses Erwachen" kommt dabei heraus, wenn eine Amerikanerin aus Texas einen Krimi schreiben will, der in England spielt. Agatha Christie rotiert vermutlich bereits im Grab.
In "Böses Erwachen" werden die Menschen von ununterbrochener Hitze und stechendem Sonnenschein geplagt. Dabei weiß doch jeder, daß die Briten froh sind, wenn sie zumindest ein paar echter Sommertage pro Saison erwischen. Die Handlung ist zwar streckenweise spannend, die vielen Handlungsebenen ergeben jedoch keinen wirklichen Sinn. Da gibt es eine "wunderschöne" Frauenleiche - der Anlaß, um Superintendent Duncan Kincaid und Sergeant Gemma James ausrücken zu lassen. Die Leiche stellt sich als angeblich millionenschwere Erbin eines - na? - Tee-Imperiums heraus. Man merkt gleich, daß die Sympathie der Autorin nicht gerade ihrem Mordopfer gehört: Die junge Frau ist zwar schön und reich, aber kalt - und nicht an Traditionen, sondern nur an dem Erhalt ihrer Firma interessiert. Also wirklich, tut man das?!
Natürlich gibt es wie immer mehrere Verdächtige: den Verlobten Reg Mortimer, den Straßenmusiker Gordon Finch und seinen Vater Lewis Finch, einen Bauunternehmer, der aus alten Speichern schicke, aber teure Wohnungen und Büros zaubert und damit den traditionellen Docklands nicht gerade zu jedermanns Freude ein völlig neues Antlitz verleiht, Teresa Robbins, die von Annabelle Hammond von der Buchhalterin zur "Finanzmanagerin" hochstilisiert wurde - und darüberhinaus noch die Angehörigen - Annabelles Schwester Jo und der Vater William Hammond, der alles so wie immer machen möchte -, sowie eine Ortspolizistin namens Inspector Janice Coppin, die keine Leichen sehen kann. Die Personen treten auf, aber nie vollständig, und sagen oder tun Dinge, die im Zusammenhang der Geschichte keinen Sinn ergeben. Wozu all die privaten Intermezzos, die Gespräche Kincaids mit seinem Sohn, der Halbsatz, daß seine Mutter ermordet worden war? Auch ist es nicht nachvollziehbar, warum Kincaids Kollegin durch den ganzen Roman hindurch nur mit ihrem Vornamen Gemma genannt wird.
Zwischendurch gibt es Rückblendungen einer vorerst unbekannten Person in die Zeit des 2. Weltkriegs und der Bombardierungen Englands durch die Deutschen. Obwohl durchaus Recherche über das interessante Lokalkolorit der Isle of Dogs und East Londons zu erkennen ist, so bleibt das beim Lesen entstehende Bild dieser Gegend doch ohne Seele - wie auch die Beschreibung der Toten Annabelle Hammond ohne Konturen bleibt. Daß das Ende schließlich überhaupt nicht nachvollziehbar scheint, stimmt auf Leserseite nicht gerade friedlich.
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