Bruce Greenwood und Steven Culp verkörpern jenes berühmte Brüderpaar, das für die Bewahrung der atomaren Pattstellung während des Kalten Krieges mitverantwortlich war und durch Roger Donaldson ("No Way Out") in "Thirteen Days" eine filmische Verewigung erfährt.
In den Oktoberwochen des Jahres 1962 stand die Welt urplötzlich am Rande eines Nuklearkriegs. Vorangegangen war die Installierung von ballistischen Mittelstreckenraketen auf Kuba durch die UdSSR. Die US-Regierung war sich der Tragweite dieser massiven Bedrohung durch den kommunistischen Erzfeind nur allzu bewußt. Schlagartig baute sich das unfaßbare Schreckensszenario einer atomaren Auseinandersetzung der beiden Großmächte vor dem geistigen Auge der politischen Entscheidungsträger in Washington auf. Einen Ausweg aus dieser kritischen Situation zu finden - Stärke zu zeigen, ohne dabei einen Krieg vom Zaum zu brechen, und darüber hinaus die konservativen Elemente der militärischen Führung zu beschwichtigen - schien eine fast unlösbare Aufgabe zu sein. Der Zeitfaktor spielte dabei eine entscheidende Rolle. Denn die Raketenstellungen auf Kuba einsatzbereit zu machen, würde nicht mehr als zehn bis vierzehn Tage in Anspruch nehmen...
Die gelungene Eröffnungssequenz von "Thirteen Days" besteht aus Abschüssen ebenso anmutiger wie todbringender Flugkörper, die gespenstisch die Nacht illuminieren, sowie gewaltigen Atompilzen. Auch im weiteren Verlauf des Films werden immer wieder ähnliche Schnipsel von grausamer Schönheit eingestreut. Es sind Bilder, die den möglichen Ausgang einer Auseinandersetzung schildern, die die Welt vor knapp 40 Jahren beinahe ins Verderben stürzte.
Dem Unvorstellbaren so nahe wie nie zuvor, werden die Mannen rund um John F. Kennedy (Bruce Greenwood) - u. a. Justizminister Robert Kennedy (Steven Culp), Verteidigungsminister Robert McNamara (Dylan Baker), Außenminister Dean Rusk (Henry Strozier) und Präsidentenberater Kenneth O´Donnell (Kevin Costner) - dazu gezwungen, sämtliche Eventualitäten durchzuspielen. Die präsidiale Debattierrunde spaltet sich in zwei Lager: Auf der einen Seite beziehen die konservativen Hardliner Stellung, die einen militärischen Konflikt in Kauf nehmen und einer diplomatischen Initiative grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen. Das Gegengewicht dazu bilden die Kennedys, unterstützt durch O´Donnell und Botschafter Adlai Stevenson (Michael Fairman). Diese ziehen die von den Generälen geforderte Invasion Kubas erst als allerletzte Möglichkeit in Betracht.
Der Regisseur nützt bei der Interpretation der geschichtlichen Ereignisse natürlich einen gewissen kreativen Handlungsspielraum aus. Dabei sollte man vor allem der Figur des Kennedy-Beraters Kenneth O´Donnell mit Vorsicht begegnen. Das dessen Beteiligung an der Lösung des Konflikts hier ein derartiges Gewicht erhält, scheint etwas übertrieben. Doch Drehbuchautor David Self benötigte einfach eine feste Konstante, die eine zentrale Position mitten im Geschehen einnimmt und als Orientierungshilfe für den Zuschauer fungiert. Außerdem konnte somit Kevin Costner, der einzige echte Star des Films, als Zugpferd installiert werden, ohne ihn dabei in die Rolle einer allzu bedeutenden historischen Figur zu hieven.
Das Costner nicht schon längst in der Versenkung verschwunden ist, ist - wenn man seine beachtliche Serie cineastischer Fehlschläge seit 1993 betrachtet - wahrlich ein Phänomen. Stallone läßt grüßen. Mit "Thirteen Days" kehrt der Kalifornier jedenfalls auf bereits vertrautes Terrain ("J.F.K.") zurück.
Bruce Greenwood überrascht in der tonnenschweren Rolle des legendären 35. Präsidenten der USA positiv. Überhaupt darf das Zusammenspiel des gesamten Darstellerensembles als überaus gelungen bezeichnet werden. Immer wieder konzentriert sich der Film auf die angeschlagenen Gemütszustände der Schlüsselfiguren, die unter massivem Zeitdruck die wohl schwerwiegendsten Entscheidungen ihres Lebens zu treffen hatten. Daß "Thirteen Days" dabei die Grenze zur Heldenverehrung manchmal überschreitet, stört nicht sonderlich; allein der Gedanke an eine alternative Emmerich-Version des Stoffes sollte jeden, der dem Streifen eine allzu patriotische Sichtweise vorwirft, auf der Stelle zum Schweigen bringen.
Es findet ein ständiger Spannungsaufbau und -abschwung statt, der mit der Zeit etwas zermürbend wirkt. So endet der Film praktisch mehrere Male, nur um unvermutet einem weiteren Protagonisten die Gelegenheit zu geben, ein alarmierendes "Sir, wir haben ein neues Problem!" auszustoßen und den bereits abgestellten Motor somit wieder in Gang zu setzen. Trotzdem überwiegen die positiven Aspekte bei weitem. Die starken Leistungen der Akteure und aufreibenden Höhepunkte der einzelnen "Etappen", wie die Konfrontation zwischen Adlai Stevenson und dem russischen Botschafter Zorin vor dem UN-Ausschuß, sorgen für spannungsgeladene 145 Minuten anspruchsvoller Unterhaltung. Und nach der letzten Szene (die im übrigen den einzigen patriotischen Exzeß beinhaltet) kommt man nicht umhin, sich folgende Frage zu stellen: Wie hätte wohl Richard Nixon in derselben Situation gehandelt?
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