"The Brootherhood of the Bomb” ist nicht nur der Titel des neuen Techno-Animal-Albums, sondern beschreibt auch auf angemessene Weise deren Musik, die sich weit entfernt von gängigen HipHop-Klischees bewegt. Die resultierende Akzeptanz in bestimmten Szenen ist gleich null, aber wen kümmert das schon...?
Nach mehreren 12-Inches und Remixes, auf denen man die ständige Weiterentwicklung und Mutation von Techno Animal verfolgen konnte, liegt jetzt mit "The Brootherhood of the Bomb" ein ganzes Album vor. Vermuten konnte man ja schon länger, daß HipHop, Dub und Noise die Bastardsöhne eines gemeinsamen Vaters sind, aber so intensiv wie hier wurde einem das noch nie bewußt gemacht. Verstärkt - als ob das noch nötig wäre - werden Techno Animal durch einschlägige MCs, nach deren Auftritten man Wörter wie Dopeness und Durchgeknalltheit neu definieren muß.
Das Cover zeigt unheimlich wirkende Köpfe und Statuen, wie man sie aus geheimnisvollen Zeremonien von Urwaldvölkern kennt. Und das Unbehagen verstärkt sich noch: Spätestens nach dem ersten Durchhören des Albums schießen einem Gedanken wie Voodoo und Geisterbeschwörung durch den Kopf; dann jagt ein nochmaliger Blick auf das Cover selbst dem Abgebrühtesten eine Gänsehaut über den Rücken.
Gleich zu Beginn steuern Rubberoom, deren eigenes letztes Album "Architechnology" an Bedrohlichkeit schon schwer zu übertreffen war, ihre düsteren Raps bei, die dem Industrial-mäßigen Track derart den Rest geben, daß man die Apokalypse schon direkt vor der Tür vermutet. Bevor als nächstes Sonic Sum das Mikrophon übernimmt, wird das Tempo so weit heruntergeschraubt, bis auch wirklich jeder begriffen hat, daß es hier kein Entkommen gibt. Sowas ist beinahe unerträglich für Menschen, die bereits von der Schnellebigkeit der heutigen Zeit absorbiert worden sind - ein lange andauernder Schmerz, der in seiner Intensität noch weiter steigt und dessen kathartischer Effekt dafür umso größer ist.
Alte Bekannte wie das Anti-Pop Consortium, die schon in verschiedensten Kollaborationen aufgetaucht und dann genauso schnell wieder verschwunden sind, schauen mit ihrer unverkennbaren Mischung aus Rap und Poetry ebenso im Techno-Animal-Studio vorbei wie El-P und Vast. Über die Hintergründe, wie man Toastie Taylor für "Piranha" zu einer derart besessenen Performance bringen konnte, sind nur Mutmaßungen möglich. Diese reichen von Psychoterrorexperimenten mit Techno-Animal-Beschallung bis hin zur Einnahme von sonderbaren Drogen auf einer abgelegenen Insel, wo der Dub noch von den Geistern kommt. Da muß man sich schon beim Zuhören fürchten, selbst im Irrenhaus zu landen.
Techno Animal bringen auf "The Brootherhood of the Bomb" auf kontrollierte Weise den Noise zurück in den HipHop. Paranoide Geräuschkulissen werden mit Endzeit-Sounds und extremsten Dub-Mutationen gekreuzt, verschaffen sich über das Gehör Zugang zum Nervenzentrum und entfalten dort ihre Wirkung. Wie tief und verzerrt kann eine Baßlinie sein, damit sie maximalen Effekt hat? An der Beantwortung dieser und anderer essentieller Fragen wird unter Zuhilfenahme modernster Produktionstechnologien gearbeitet. Die Aufgabenteilung zwischen Mensch und Maschine löst sich in ihren bisherigen Formen auf und bestimmt sich immer wieder neu. Der Mensch bedient zwar die Maschinen teilweise noch, doch diese entwickeln sich selbständig weiter, kommunizieren miteinander und aktivieren sich gegenseitig. Und die Einflüsse des Menschen bzw. der Maschine auf bestimmte Sounds sind schließlich nicht mehr klar nachvollziehbar...
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