Außen hui, innen pfui

Kratzt man nur ein bisserl an der hübschen Fassade der TV-Serien-Kinoneuauflage "Drei Engel für Charlie", tut sich dahinter das Nichts auf: Zelebriert werden Girl-Power-Belanglosigkeit und Fummel-Kung-Fu.

Kindheitserinnerungen an "Drei Engel für Charlie" sind bei fast jedem vorhanden und stehen zumeist in direktem Zusammenhang mit der wallenden blonden Mähne von Farah Fawcett-Majors und anderen hübschen Mädchen, die Kung-Fu können. Neben den für 70er- und 80er-TV-Serien üblichen seichten Krimistories war das stets alles, was die Serie bieten konnte. Drew Barrymore hat das offenbar anders wahrgenommen (vielleicht hat die Serie damaligen Mädchen wirklich Selbstbewußtsein gespendet, wer weiß das schon) und sich entschieden, eine Kinoadaption des dünnen Stoffs zu produzieren. Als Regisseur wurde am Ende ein Kerl namens McG engagiert - ein typischer MTV-Ästhet, dessen lächerlicher Künstlername ein weiteres deutliches Zeichen dafür ist, daß richtige Filmregisseure in Hollywood eine aussterbende Gattung sind.

Was die Hauptdarstellerinnen betrifft, war Barrymores Wahl sicher nicht die schlechteste. Drei ganz unterschiedliche Typen, die der weiblichen Welt eine breite Palette von Identifikationsmöglichkeiten bieten, machten das Rennen: Barrymore selbst (Typ zornig-stark, verletzlich, pummelig), dazu Cameron Diaz (Typ naiv-romantisch, impulsiv, magersüchtig) und die aus "Ally McBeal" bekannte Lucy Liu (Typ nicht-kaukasisch, cool, athletisch). Die lückenhafte und verworrene Story ist wie immer Nebensache: Ein Software-Genie entwickelt etwas, das nicht in falsche Hände geraten darf, was aber klarerweise passiert, aber dann eigentlich doch nicht, weil sich das Genie und seine Unterhändler irgendwie selbst bestohlen haben, um davon abzulenken, daß sie sich in Wahrheit illegal Zugang zu einem wichtigen Großrechner der Konkurrenz verschaffen wollen. Weil Charlie und seine Engel das nicht rechtzeitig mitkriegen, werden sie dazu benutzt, den hinterfotzigen Plan durchzuführen. Aber eigentlich geht es ja darum, Charlie aus dem Weg zu räumen. Können die drei Engel das in letzter Sekunde verhindern?

"Drei Engel für Charlie" war kein billiger Film, und stellenweise sieht man das Geld auch auf der Leinwand: Rennautos stürzen von Brücken, mehrmals ereignen sich große Explosionen, Hubschrauber fliegen durch und in die Luft. Die stärksten Momente schafft der Film, wenn er die Tricktechnik von "Matrix" schamlos kopiert: Wir sehen Pistolenkugeln in Zeitlupe Luftwellen schlagen, und vor allem beim Martial-Arts-Einsatz der Schauspielerinnen wird in aus Hongkong und "Matrix" bekannter Manier gewirbelt, wie es die Schwerkraft nie zulassen würde. Natürlich könnte Drew Barrymore mit dieser Figur in Wirklichkeit niemals solche Kapriolen schlagen. Und Knochengerüst Cameron Diaz, die den ganzen Film über so wirkt, als würde sie sofort über irgendwas stolpern, wäre beim ersten Kung-Fu-Fußtritt wahrscheinlich in der Mitte abgeknickt. Auch nicht besonders gut schlägt sich Bill Murray, der die Rolle des Bosley (jenes Agenten, der für Charlie die Engel betreut) witzig anlegen hätte sollen, aber leider einen typischen Sissy-Boy daraus gemacht hat.

Richtig gut ist wie üblich Crispin Glover. Die Rolle des völlig durchgeknallten Kink-Killers spielt er nach allen Regeln seiner ureigenen Kunst pervers und böse, wie man es sich nur wünschen kann. Kelly Lynch macht als böser Verbrecher-Vamp im Latexoverall auch keine schlechte Figur, ist aber Nebensache. Vor dem gänzlichen künstlerischen Untergang rettet den Film letztendlich vor allem Lucy Liu. Als Asiatin ist sie die einzige, der man die Martial-Arts-Perfektion wirklich abnimmt. Ihre Sommersprossen stehlen Cameron Diaz auf den ersten Blick jegliche Show. Und generell sehen die Kolleginnen neben ihr ziemlich matt und tussimäßig aus. Im übrigen ist sie auch mit Abstand der bestgekleidete Engel (viel schwarzes, enges Leder); die anderen wirken in ihren irgendwo zwischen Hippie-, H&M- und Prêt-A-Prolet-Fummeln rangierenden Lappen wie Versandhauspuppen. Die Ausstattung des Films ist zwar insgesamt recht gut gelungen, aber irgendwie doch quietschbunt und fassadenhaft - eben so, wie man es aus MTV-Videos gewöhnt ist.

Vielleicht kann man den Film insoferne empfehlen, als sich kaum jemand wirklich langweilen wird. Aber am Schluß wird doch fast jeder überzeugt sein, ziemlich viel Blödsinn gesehen zu haben. Wer bis zum Ende durchhält, wird mit einem flüchtigen Blick auf Diaz im "Wet T-Shirt" belohnt - als ob sich das auszahlen würde...

Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.



oben: Original TV-Serienengel
unten: Die neuen Engel in Aktion!