Video_DVD-Tips 9/2004

Gangster, Mönche, Nazi-Enten

Diesmal mit dabei: Fassbinder, Frankenheimer und verliebte Cowboys - sowie Donald und Co. im Kampf gegen das Hitler-Regime.    12.10.2004

 

Jürgen Fichtinger

Cartoons ziehen in den Krieg


(USA 1995/Region 2/cmv Laservision)

 

Sharon K. Bakers gelungene Dokumentation "Cartoons Go to War" eröffnet anhand von Ausschnitten und Interviews mit den Beteiligten die Zeichentrickwelt der amerikanischen Anti-Nazi-Propaganda während des Zweiten Weltkriegs, in der Hitler, Mussolini und Konsorten per Animation durch den Kakao gezogen wurden. Aber auch in bunte Bilder verpackter Patriotismus - beispielsweise für den Ankauf von Kriegsanleihen - und Schulungs-Cartoons für die US-Soldaten werden gezeigt. Hierzu diente damals etwa die eigens kreierte Figur Private Snafu. Und natürlich mischten auch die üblichen Verdächtigen wie Elmer Fudd, Bugs Bunny, Daffy Duck, Donald oder Superman kräftig mit im Kampf gegen spionierende Füchse, Nazi-Ziegen usw. Zu Wort kommen in dieser Doku unter anderem der große Chuck Jones sowie zahlreiche Animateure und Historiker. Als Bonus gibt es noch sieben liebenswerte Original-Cartoons aus dieser Zeit, unter anderem: "Confusions of a Nutzy Spy", "Ducktators" und "Daffy - the Commando". Pflichtkauf, ohne wenn und aber!

 

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52 Pickup


(USA 1986/Region 2/MGM)

 

Ein knallhartes, spannendes Crime-Movie nach einer Vorlage von Elmore Leonard und unter der Regie von Altmeister John Frankenheimer. Geschäftsmann und Hobbybastler Harry Mitchell (Roy Scheider) ist dank traditioneller Ehe etwas gelangweilt und amüsiert sich mit Beauty Cini (Kelly Preston). Dummerweise wird er dabei von bösen Gangstern gefilmt, die ihn prompt erpressen. Als Mitchell sich weigert, auf ihre Forderungen einzugehen - er beichtet seinen Seitensprung kurzerhand -, ziehen die Erpresser andere Saiten auf, jagen Cini eine Kugel in die (zu diesem Zeitpunkt nur von einem Holzbrett bedeckten) Brüste und schieben ihm das Verbrechen in die Schuhe. Doch mit Roy Scheider ist bekanntlich nicht zu spaßen - und der verkommene Genpool erlebt sein blaues Wunder. Der lange Zeit unterschätze Streifen ist jetzt endlich in anständiger Form erhältlich.

 

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Hana-Bi


(Japan 1997/Region 2/Arthaus/Kinowelt)

 

Kitano Takeshi macht großartige Filme. Als Œuvre-Flagschiff fungieren dabei: "Scene by the Sea", "Sonatine" und der gerade neu veröffentlichte "Hana-Bi". Darin mimt Kitano den Bullen Nishi, der seiner unheilbar an Krebs erkrankten Frau Miyuki (Kishimoto Kayoko) die letzten Tage verschönern will. Deshalb raubt er schnurstracks eine Bank aus und flüchtet mit der Gattin ins süße Nirgendwo. Nebenbei will er seinem querschnittgelähmten Kollegen Horibe (wie immer großartig: Osugi Ren) ebenfalls unter die Arme greifen. "Hana-Bi" ist ein wunderschöner Film, der trotz all seiner vorhandener Distanz Nähe spüren läßt. Zum ersten Mal gab es darin auch Kitanos Malkunst zu bestaunen. Als Bonus stehen ein Interview mit Kitano, eine Gemäldegalerie sowie ein "Making of" zur Verfügung.

 

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Rasputin - Der wahnsinnige Mönch


(GB 1969/Region 2/Anolis)

 

Während eine spätere Inkarnation des verrückten Russen gerade für "Hellboy" herhält, darf man den traditionell obskuren Geistlichen, dargestellt von Christopher Lee höchstpersönlich, jetzt wieder in der bei Fans legendären Hammer-Version bewundern. Dort manipuliert und hypnotisiert sich der eigenwillige Mönch quer durch St. Petersburg, bis er schließlich als charismatischer Wunderheiler am Zarenhof engagiert wird. Und naturgemäß hat Rasputin finstere Pläne ...

Als Bonus bietet die liebevoll gestaltete Edition einen für Hammer-Freunde informativen und unterhaltsamen Audiokommentar von Lee (!) und Co., ein halbstündiges Interview mit Darsteller Francis Matthews sowie diverse Trailer.

 

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Keinen Cent für Ringos Kopf


(I 1965/ Region 2/Koch Media)

 

Auch ein Sergio Corbucci hat einmal klein angefangen. Bevor der für Genreperlen wie "Django", "Il grande Silencio" oder "Il Mercenario" verantwortliche Regisseur obige Filme schuf, lieferte er seinen Western-Einstand mit "Massacro al Grande Canyon", wie der vorliegende Streifen im Original heißt. Wer allerdings einen zünftigen Italowestern hinter dem genretypischen deutschen Verleihtitel vermutet, wird sich wundern. Obwohl es sich um eine italienische Produktion handelt, verbirgt sich ein klassizistisch straighter B-Western dahinter.

Erzählt wird die Geschichte des jungen Ringo, der - nachdem er die Mörder seines Vaters das Sterben gelehrt hat - in seine Heimatstadt zurückkehrt. Dort erwartet man prompt, daß er in die Sheriff-Fußstapfen seines Erzeugers tritt, doch Ringo zeigt keinerlei Interesse an den Problemen des Kaffs. Immerhin ist auch seine große Liebe Nancy mittlerweile mit dem Sohn des selbsternannten Dorfcapos verheiratet. Als eine Fehde zwischen dessen Familie und einem Grundbesitzer ausbricht, muß Ringo aber doch mitanpacken, da die engagierten Gunslinger langfristig eine Bedrohung für das Dorf sind - und schließlich wäre da noch Nancy ... In der Hauptrolle sehen wir übrigens Robert-Mitchum-Sprößling Jack, der dem Herrn Papa wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Betrachtenswert.

 

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Paper House


(GB 1988/Region 2/Concorde Home Entertainment)

 

Die elfjährige Anna flüchtet immer wieder in ihre Zeichnungen. Eines Tages wird sie ohnmächtig und findet sich plötzlich genau vor dem Haus wieder, das sie zuvor gezeichnet hat. Nach und nach beginnt sie die Zeichnung zu erweitern und die fremdartige Welt zu erkunden. Als sie schwerkrank wird, begegnet sie dort einem Jungen, der scheinbar ebenfalls ans Siechenbett gefesselt ist. Ihre Versuche, ihm das gezeichnete Traumleben zu erleichtern, gehen schief - und schließlich gelangt auch das Böse in die phantastische Welt. Mit "Paperhouse" gelangt Regisseur Bernard Rose ein märchenhafter Mystery-Film, in dem das kindliche Unterbewußtsein Annas vom gezeichneten Papier in die "reale" (Alp-) Traumwelt übertragen wird. An diesen atmosphärisch gelungen eingefangenen Visionen darf auch der Zuschauer teilhaben. Einmal etwas anderes ...

 

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Warum läuft Herr R. Amok?


(D 1970/Region 2/Arthaus/Kinowelt)

 

Zu Fassbinders wohl amüsantesten Filmen zählt neben seinem Liebesbekenntnis an das Medium - "Warnung vor einer heiligen Nutte" - mit Sicherheit seine Amok-Mär. Rainer Werners Lieblingsschauspieler Kurt Raab mimt den technischen Zeichner Herrn R., der sich eigentlich gemeinsam mit Frau R. (Lilith Ungerer) in der kleinbürgerlichen Glückseligkeit mit all seiner Routine suhlen sollte.

Daß dem nicht so ist, merken Verwandt- und Bekanntschaft spätestens dann, als er sie alle miteinander erschlägt. Außerdem mit dabei ist die halbe Stammbelegschaft des enfant terrible der damaligen "Neuer Deutscher Film"-Bewegung: Harry Bär, Hanna Schygulla, Ingrid Caven, Irm Hermann, Doris Mattes, Volker Spengler und Komponist Peer Raben. Als Zusatz gibt es Hans Günther Pflaums gelungene 100-Minuten-Doku "Ich will nicht nur, daß ihr mich liebt", in dem der Regisseur das Phänomen Fassbinder von allen Seiten durchleuchtet. Eine durch und durch würdige Veröffentlichung. Empfehlung.

 

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Salaryman Kintaro


(Jap 1999/Region 2/Asian Film Network)

 

Miike goes Manga again. Diesmal wird die Geschichte Kintaro Yajimas erzählt, der als braver Angestellter versucht, sein Bestes zu geben. Als man ihn ins Hinterland zu einem griesgrämigen Vorgesetzten versetzt und ein Yakuza-ähnlicher Großkonzern versucht, sämtliche Geschäfte an sich zu reißen, platzt dem rechtschaffenen Kintaro der Kragen. Die Bösen sind jedoch bekanntlich immer stärker und verüben prompt Bombenattentate auf seine Liebsten. Was die Gauner allerdings nicht wissen: Kintaro war seinerzeit der Kopf einer gefürchteten Bikergang, und ebendiese beruft er in das kleine Nest, damit den Halunken das Lachen vergeht. Wer die Werke des verrückten Japaners schätzt, wird auch an "Salaryman Kintaro" seine Freude haben, obwohl der mit Sicherheit nicht zu Miikes Glanzleistungen zählt.

 

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The Glow


(USA 2003/Region 2/e-m-s)

 

Irgendwo auf den Spuren von "Rosemarys Baby" und "Der Mieter" will diese fürs Fernsehen produzierte Mysterystory mit Serien-Superman Dean Cain und der bezaubernden Portia de Rossi - bekannt als eiskalte Nell aus Ally McBeal - wandeln, schafft es aber nicht zu überzeugen. Lediglich in der letzten Viertelstunde kommt etwas Spannung auf.

 

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Film Noir Double Feature Vol. 2

Import-Tip: USA


(USA 1946/47/Region 1/VCI Entertainment)

 

Klassischen US-B-Noir aus den Vierzigern gibt es auf diesem liebevoll gestaltetem Release aus dem Hause VCI. The Chase berichtet vom gerade heimgekehrten GI Chuck (Robert Cummings), der die Brieftasche eines bösen Gangsters findet und sie ihm prompt vorbeibringt. Er wird als Fahrer angestellt, das vormals trostlose Leben scheint schön - doch die Frau des Verbrechers (Michele Morgan) soll ihm zum Verhängnis werden. Am Schluß kommt es genauso, wie man glaubt, aber dann doch wieder anders, als man denkt. Als rechte Hand des Gangsters fungiert übrigens Peter Lorre.

Bei Bury Me Dead handelt es sich um einen der höchst seltenen Genrebastarde aus geradlinigem Noir-Plot und Screwball-Comedy: Mark Daniels gibt den sympathischen Hallodri-Ehemann Rod Carlin, dessen Haus gleich zu Beginn mitsamt der Frau Barbara (June Lockhart) niederbrennt. Beim Begräbnis taucht Mrs. Carlin plötzlich wieder auf, gibt sich jedoch nur dem Familienanwalt Michael (Hugh Beaumont) zu erkennen. Immerhin glaubt sie, ihr Mann hätte versucht, sie zu ermorden. Klassische Flashbacks, typische Noir-Photographie, ein festgezurrter Plot und amüsante Verschachtelungen spielen mit ebendieser These die nächsten eineinhalb Stunden. Und dann wäre da natürlich noch die Frage, wer denn nun eigentlich wirklich beim Brand umgekommen ist.

War "The Chase" eine Freude, so outet sich "Bury Me Dead" als spannend komischer Hochgenuß, den man immer wieder gern sieht. Als Bonus gibt es jeweils einen Audiokommentar sowie Liner-Notes von Jay Fenton und den Superman-Cartoon "Showdown".

 

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The Munsters - The Complete First Season

Import-Tip: USA


USA 1965/Region 1/Umvd)

 

Eine der kultigsten Serien aller Zeiten erlebt endlich den überfälligen DVD-Release. Die 38 Folgen der ersten Staffel sind auf drei DVDs verteilt und wurden bildmäßig aufpoliert. Leider gibt es bis auf einen Pilot, in dem Lily und Eddie von anderen Schauspielern verkörpert werden, keine Extras.

 

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Harley Davidson and the Marlboro Man

Nice-Price-Tip


(USA 1991/Region 2/MGM)

 

Was für das weibliche Geschlecht "Thelma & Louise", ist für die Herren der Schöpfung wohl "Harley Davidson and the Marlboro Man". Don "Miami Vice" Johnson mimt darin den treffsicheren Cowboy, der das Rauchen eigentlich aufgegeben hat, "Mr. Cool" Mickey Rourke Herrn Harley. Als einer ihrer alten Freunde von bösen Buben (Daniel Baldwin und dessen Chef Tom Sizemore) bedrängt wird, die ihm seine Bar abluchsen wollen, muß das "männliche" Duo einschreiten und gerät natürlich schnurstracks in die Bredouille. Eigentlich ein fester Blödsinn, wären da nicht die beiden Hauptdarsteller und coole Lebensweisheiten wie "Better dead and cool than alive and uncool".

 

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