Fortsetzung...
Obwohl die Sofa Surfers längst die Türe zum Major-Busineß geöffnet haben, wird bei Klein Records versucht, den Ball flach zu halten. Denn Christian ist ein vom Do-it-yourself-Gedanken getriebener Realist, den auch ein Lizenz-Deal mit Motor Music/Universal nicht vom Teppich reißt. Kein Zweifel, daß eine solche Kooperation (finanzielle) Vorteile bringt, wichtig ist für ihn jedoch, die Fäden in der Hand zu behalten und die künstlerische Integrität seiner Acts zu sichern. Da verzichtet er lieber auf den großen Rummel, pfeift auf europaweite Clubtourneen und stärkt stattdessen sein Netzwerk. Bei Leaf Records hat Christian Gleichgesinnte gefunden, die seine Belange in England vertreten; in den USA kümmert sich K7 um die Geschäftsangelegenheiten. In der Wiener Meierei gibt´s einmal im Monat den "Klein Social Club", der als Antithese zum glamourösen Schicki-Disco-Ding verstanden werden darf und eher eine gemütliche Veranstaltung für all jene darstellt, die sich dem professionalisierten Clubland aus den unterschiedlichsten Gründen entwachsen fühlen. Nicht nur symbolisch wird dort die Trennung von Machismo, Glamour und herkömmlichen ästhetisch-politischen Programmen vollzogen. Auch bei der Auswahl der DJs und Acts betont man einen auralen Eklektizismus und Gemeinschaftsgeist, der einen deutlichen Kontrast zu den slicken Rezepten des Mainstream-Nachtlebens markiert.
Trotz Clubaktivitäten und Vinylbusineß ist Klein Records kein reines DJ-Label; die Künstler sind in erster Linie Musiker und wollen auch als solche wahrgenommen werden. "Sollte ein Produkt am Dancefloor funktionieren, ist das natürlich willkommen", meint Christian, "wir bemühen uns aber nicht zwanghaft darum." So wird das Spielfeld offen gehalten für musikalische Ausdrücke unterschiedlicher Codierungen, die gleichberechtigt im Club, im Radio oder zu Hause konsumiert werden können. Die Zeiten, in denen man sich eine relevante Position über die Präsenz in diversen DJ-Plattenkisten erkämpfen konnte, scheinen ohnehin passé zu sein. Die Perspektiven haben sich geändert, der Sinn steht nach Abgrenzung. Der große Medien-Hype um neue, elektronische Musik aus Wien hat auch neue Bedingungen geschaffen, denen es sich anzupassen gilt. Wo rundherum alles im wohlgefälligen Bohemian-Style versumpft, streicht Christian Candid schon mal gerne seine 80er-Jahre-Indie-Sozialisation heraus. Er fühlt sich dem Geiste von Punk eher verbunden als der glanzpolierten, brav-bürgerlichen Schöner-Wohnen-Ästhetik der Faserschmeichler-Groove-Szene. "Mir war es immer wichtig, eine ästhetische Differenz aufrecht zu erhalten", erzählt er. "Mit Acid Jazz hatte ich nie was am Hut. Da fehlt mir doch der subversive Gedanke in der Musik."
Demzufolge stehen die Produkte von Klein Records nicht für einen beschaulichen Kiffer-Flokati, sondern es wird versucht, Erdigkeit und ein analoges Feeling über den Sound zu vermitteln, mit den Frequenzen zu spielen, zeitgenössische und avantgardistische Momente zu verknüpfen. Die dabei entstehenden Ecken und Kanten sind durchaus erwünscht. Weiteren Erklärungsbedarf sieht Christian nicht. "Wir machen halt", sagt er. Und was sind die nächsten anvisierten Ziele? "Erstmal, nicht mehr alles allein durchziehen zu müssen", lacht er - und wirkt dabei doch so, als ob das bedeuten würde, seine kleine, eingeschworene Musikfamilie zu vernachlässigen. Aber es locken eben auch andere Themen. "Ich würde gerne mehr im visuellen Bereich arbeiten, vielleicht Filme machen", erzählt er zögerlich, "auch wenn das etwas weitgesteckt erscheint." Erste Erfahrungen auf diesem Gebiet wurden bereits durch die Zusammenarbeit mit Monoscope gesammelt, die auch für sämtliche Bühnen-Visuals der Sofa Surfers verantwortlich sind. Und aufgrund seiner symphatischen Bescheidenheit kommt ohnehin nie der Gedanke auf, daß hier von irgendwelchen hochfliegenden Utopien die Rede ist. Die großen Paukenschläge überläßt man lieber anderen. Alles bleibt down-to-earth, nüchtern und realistisch. Und das ist bekanntlich genau das der fruchtbare Boden, auf dem die besten Pflänzchen sprießen - auch wenn sie anfangs ganz klein wirken.