Fortsetzung...

Doch was immer die Musikanten auch anfaßten, es klang stets wie New Order. Peter Hook übernahm den Part des Rock-Tigers ("I killed a man with a knife"), Bernard und Johnny extrahierten die für New Order typischen Harmoniebögen in einen tollen elektronischen Mix (man denke nur an Songs wie "Idiot Country"), und The Other Two wollten auch nicht übrigbleiben, weswegen sie bescheidene Popsongs irgendwo unterhalb von Swing Out Sister und Massive veröffentlichten.

Auch wenn New Order also - in drei Teile getrennt - "unabhängig" voneinander Musik machten, konnten sie ihre "roots" nie verheimlichen, was dank ihrer künstlerischen Qualitäten auch völlig unnötig war. Für Fans und Sammler bedeutete diese Aufspaltung allerdings eine gewisse finanzielle Belastung, die nicht jeder gutheißen mochte...

Als dann auch noch Manchesters Haus-und-Hof Label Factory in Konkurs ging, sah die Zukunft recht düster aus. Deshalb ist auch "Republic" (1993), ein Statement der Klarheit, so wichtig. Das Album zeigt New Order in Höchstform, und die Band wirkt darauf wie ein Silberstreifen am Horizont. Die Nummern waren so "tough" produziert und Bernards Stimme so knackig wie eh und je, daß die Fans instinktiv wußten, daß es trotz allem immer so weitergehen würde; der New-Order-Sound würde einfach nie aussterben. Umso schlimmer traf sie dann die Nachricht, daß sich die Band aufgelöst hätte. Die diversen Nachfolgeprojekte waren da nur ein schwacher Trost.

Doch jetzt sind sie wieder da, und alle haben dazugelernt (was absurderweise oft bedeutet, daß man sich auf die alten Werte besinnt). So überrascht es kaum, daß das neue Album "Get Ready" im Prinzip genauso klingt, wie New Order immer schon klangen. Es ist um einiges rockiger als "Republic", und die elektronischen Sounds sind noch reduzierter und sparsamer eingestreut als bei "Technique". Man merkt sofort, daß hier Top-Produzenten am Werk waren. Und daß es sich hier um eine echte Reunion handelt - im Gegensatz zum Wiederauftauchen von 80er-Revival-Pappkameraden wie Human League.

Die Creditliste liest sich - wie immer - wie ein Who´s who der englischen Popgrößen - wozu hat man denn Freunde? Dem Produzenten Steve Osborne (Happy Mondays, U2) standen Flood (Depeche Mode, U2) und Mark Spike Stent (Madonna, Oasis) zur Seite, die für ein zeitgemäßes Produkt-Design sorgten und dem ganzen Œuvre auch den richtigen Schliff gaben. Als prominente Gastmusiker treten u. a. Billy Corgan (Smashing Pumpkins), die Chemical Brothers und Bobby Gillespie (Primal Scream) auf. Bei so viel Prominenz kann praktisch nichts mehr schiefgehen. Trotzdem sei verraten, daß das neue Album zwar over-the-edge produziert ist, Bernards Stimme noch facettenreicher scheint und Peter Hook mit jugendlichem Elan die Baßgitarre würgt - doch an historische Höhepunkte wie "Low Life", "Brotherhood" oder gar "Technique" ist nicht leicht anzuschließen. Fazit: Noch läßt sich auf "Get Ready" kein Nummer-eins-Hit orten.

Dennoch ist es ein gutes Album. "Crystal", die aktuelle Single mit dem bestechenden Klavierpart, fetzt ordentlich ab; auf "Turn My Way" singt Billy Corgan, und das Pumpkins-Gitarrenriff verwandelt den Song stilistisch in einen USA-Rock-Feger; "Player in the League" demonstriert einmal mehr Bernards Fanatismus für Manchester United; "Sabotage" knüpft an die Dancefloor-orientierten Songs an usw. usf. Insgesamt erwartet Fans wie Neueinsteiger eine "klassische" Platte mit vielen (zwölf) langen Nummern, auf der sich Downbeat- mit Uptempo-Sound abwechselt und auch die richtige Portion Melancholie nicht fehlt.

New Order sind eben nicht nur Musik, sondern im Lauf der Jahre zu einem eigenen Lebensgefühl geworden. Und die Luft ist noch lange nicht heraußen...



Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.