Fortsetzung...
Unzählige Sampler unter verschiedensten Themen wurden ausschließlich mit Tracks aus dem eigenen Katalog bestritten - so gibt es neben haufenweise "Best of Blue Note"-Zusammenstellungen in verschiedensten Abarten auch eher künstlerorientierte Compilations und tonnenweise Sampler wie "Blue Rare Grooves", "Blue Break Beats", "Midnight Blue", "Blue York" usw. usf. Einerseits mag das vielleicht Einblicke in die umfangreiche Labelgeschichte gewähren, andererseits entsteht jedoch Verwirrung beim Käufer, der spätestens nach dem Kauf der dritten "Best of Blue-Irgendwas"-CD den einen oder anderen Track doppelt oder gar dreifach im Regal stehen hat.
Neue Künstler wurden in den letzten drei Jahrzehnten nur spärlich aufgenommen. Vor allem US3, die Blue Note wieder einige Hits bescherten, wurden eigens ins Leben gerufen, um dem umfangreichen Musikschatz mit Hilfe der Sampling-Kultur zu Leibe zu rücken. Schließlich zählen beinahe sämtliche Blue-Note-Aufnahmen zu jenen begehrten Quellen, von denen man sich gern den einen oder anderen Sound klaut, um ein eigenes Stück daraus zu basteln - warum also nicht gleich selbst einen Act erfinden, der die Original-Samples ohne den Umweg über Lizensierungen zu Barem macht? Eine rühmliche Ausnahme im aktuellen Stall des Labels stellen natürlich Medeski, Martin & Wood dar, die aber erst nach ihrem vierten Album für Grammavision zu Blue Note kamen.
Doch mittlerweile haben die Blue-Note-Bosse wieder einen neuen Themenpark eröffnet: das sogenannte Mix-Tape. Entlehnt aus der HipHop- und DJ-Szene, wo mehrere Tracks flüssig ineinander verwoben bzw. gemixt werden, bieten nun gleich drei neue Veröffentichungen recycelten Stoff an. "Scotch & Sofa" wartet mit Lonnie Smith, Lou Donaldson, Duke Pearson, Donald Byrd (gleich zweimal), Eddie Henderson u. a. auf, gewürzt mit Spoken-Word-Zwischenrufen von Horace Silver, Marlena Shaw, Lee Morgan und den Jazz Messengers, und gemischt von einem Menschen, der sich Booster nennt. Gemixt im Sinne von Mixtape ist die Scheibe nicht, auch wenn´s groß vorne drauf steht, und insgesamt stößt die Soundtrack-fürs-Designerloft-Attitüde der Compilation ("Die Tunes für deinen Hangover" steht zwar nicht drauf, was einen aber fast schon verwundert) zumindest beim Autor dieser Zeilen auf wenig Gegenliebe.
Ebenso verhält es sich bei "Chips & Cheers", auf der Buddy Rich, Brother Jack McDuff, Gene Harris, Minnie Riperton u. a. scheinbar die Hintergrundbeschallung für Grillparties der Hautevolee darstellen sollen. Nur "DJ Smash Presents Phonography" zeigt homöopathisch Innovatives in Form der Remixes von Guru, DJ Spinna, DJ Smash, Nitin Sawney usw., die durchwegs kreativ mit den Originalstücken der "neueren" Blue-Note-Künstler wie Bob Belden, Medeski, Martin & Wood, Cassandra Wilson u. a. umgehen. DJ Smash mischt die Tracks tatsächlich zu einem durchgängigen Mix, der sich aufgrund seiner sehr dezenten Machart aber beim nicht allzugenauen Hinhören leider auch auf rätselhafte Weise im Raum verliert.
Eine kreatives Auseinandersetzung mit dem gewaltigen musikalischen Schatz von Blue Note ist eben kein einfaches Unterfangen - sei es für Künstler oder bloß für den einfachen Musikhörer. Als beste Lösung gilt hier jedenfalls: den Plattenladen des Vertrauens heimsuchen und den verfügbaren Blue-Note-Katalog durchhören, anstatt sich die schlecht aufgewärmten und seltsam kompilierten neuen Releases zuzulegen.
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