Fortsetzung...

Der richtige Hammer kam aber zum Schluß. Gehört hatte der minderjährige, mittlerweile leichenblasse und zitternde Autor schon von "Tanz der Teufel" ("The Evil Dead"), dem ersten Film eines gewissen Sam Raimi - aber nur unvollständige, hinter vorgehaltener Hand ausgesprochene Warnungen. Unversehens war er nun in eine frühmorgendliche Vorführung dieses Films geraten, den man auch heute noch wirklich erst ab einer gewissen Reife empfehlen sollte - egal, ob zensuriert oder ungeschnitten. Dämonen, die dank heidnischer Zaubersprüche von Menschen Besitz ergreifen, um sie in geifernde, mordlüsterne Monster zu verwandeln, die sich gegenseitig ausweiden? Frisch gespitzte, zwischen Knochen und Achillessehne gerammte Bleistifte, gefolgt von abgehackten Gliedern? Schwebende, modrig fahle Weibsteufel, die von wuselnden Wurzeln und Ästen penetriert werden? Und als Sahnehäubchen der ausgerissene Pimmel eines untoten, zerfressenen Berserkers? Daran hatte der Autor wahrlich noch nie gedacht. Nach diesem Abend in der "Movie Bar" sollte er für immer verändert nach Hause gehen. Der fiese Kindergesang von Linda, nachdem sie den Bleistift abbekommt ("We are gonna get you..."), sollte ihm noch für Stunden Krämpfe in jeder einzelnen Haarwurzel bescheren und ihn zwei Wochen lang in den übelsten Alpträumen verfolgen. Diese nachhaltige Prägung in frühen Tagen verdankt der Autor also Sam Raimi. Es ist höchste Zeit, dies einmal aufzuarbeiten. Immerhin läuft im Mai der schlechteste Raimi-Film aller Zeiten an.

Sam Raimi wuchs in Michigan auf. Mit 13 erwarb er eine Super-8-Kamera und produzierte erste Filme. Zwei Jahre später nahm er gemeinsam mit Langzeit-Freund Bruce Campbell (Hauptdarsteller der "Evil Dead"-Filme) heimlich Filmunterreicht beim Industriefilmer Vern Nobles, der ihn schnell als Produktionsassistent engagierte. Das ermöglichte ihm ein universitäres Filmstudium, wobei er auch seinen Entdecker und späteren Geschäftspartner Robert Tapert kennenlernte, der dem geschäftlich nie besonders geschickten Regieaspiranten Anfang der 80er Jahre die Realisierung von "Evil Dead" (1982) ermöglichte. Die Geschichte um den Highschool-Phlegmatiker Ash (Bruce Campbell), der im Keller einer abgelegenen Waldhütte mit Freunden die Aufzeichnungen eines Dämonologie-Forschers findet und bei deren Rezitation den blanken, brüllenden Horror heraufbeschwört, erstaunte die internationale Filmwelt genauso, wie sie zwiespältig begeistert aufgenommen wurde. Derart unverholen satanisches Blut-und-Beuschel-Terrorkino hatte es bis dahin nicht gegeben.

Der längst in aller Welt als Splatter-Kultfilm berühmte Horrorschocker war zwar nicht gerade ein üblicher Türöffner zu einer großen Hollywood-Karriere; sein Erfolg war allerdings groß genug, daß allein das Kapitalbewußtsein der Filmindustrie eine Fortsetzung (zumindest der Karriere Raimis) garantierte. 1985 verfilmte Raimi mit "Crimewave" ein Drehbuch der Coen-Brüder über zwei Auftragskiller, die in Bedrängnis geraten. Dessen Erfolg hielt sich berechtigterweise sehr in Grenzen. Erst 1987 kam seine erste Produktion mit ernsthaftem Budget - "Evil Dead 2: Dead By Dawn", wieder mit Bruce Campbell in der Hauptrolle - allerdings mehr ein Remake als ein Sequel -, in die Kinos. Man darf nicht vergessen, daß Hollywood damals noch viel überzeugter war, es in jedem Fall besser zu können. Der Film aber war nicht wirklich besser, bloß weniger ernsthaft. Raimi, der wohl schon mit einem Auge nach Hollywood schielte, stopfte das ursprünglich erbarmunglos ernste Massaker mit Slapstick und humorigem Augenzwinkern voll und heimste damit den ersten kommerziellen Achtungserfolg ein. 1990 versuchte er sich dann an der Etablierung einer finsteren Heldenfigur namens "Darkman". Der Film spielte zwar genug ein, doch der erhoffte Merchandising-Erfolg blieb aus.

1993 stand "Evil Dead 3" auf dem Programm, der schließlich "Army of Darkness" heißen sollte und schon richtig wichtig war in Hollywood, zumindest gemessen an den Genre-Gegebenheiten. Wieder spielte Campbell den Ash, der diesmal von einem Zeitstrudel in eine andere Dimension gezogen wurde, wo sich Magier, Zwerge und allerlei Mythengetier herumtrieb. In Sachen Witz war Raimi, der als Junge ganz den "Three Stooges" verfallen war, mit diesem Film auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt: eine derartig dichte Aneinanderreihung von Schenkelklopfern und zynischen Mehrdeutigkeiten ist ihm seitdem nicht mehr gelungen. Aber das Tor ins Showbusineß war damit endlich ganz geöffnet. Im selben Jahr fungierte er als ausführender Produzent des John-Woo-Hollywood-Debüts "Hard Target" und ein Jahr später bei Roland Emmerichs "Timecop", beides recht durchschnittliche Van-Damme-Prügelvehikel. Die größten Erfolge feierte er allerdings im Fernsehen: 1994 produzierte er die TV-Serien "M.A.N.T.I.S" und vor allem "Hercules", von dessen Langzeitwirkung er noch heute profitiert, ebenso wie von der 1995 begonnenen Schwesterserie "Xena". (Anfang dieses Jahres liefen in den USA übrigens die beiden neuen Raimi/Tapert-Erfolgsserien an - "Jack of All Trades" mit Bruce Campbell und das SF-Abenteuer "Cleopatra 2525".)



Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.