Fortsetzung...
Wie ist es zu Ihrer Hauptrolle in "Das Experiment" gekommen?
Der Oliver (Hirschbiegel, Regisseur; Anm. d. Aut.) und ich, wir kannten uns vorher schon und wollten seit längerem was gemeinsam machen. Irgendwann hab ich diesen Roman von Mario Giordani ("Black Box", die Romanvorlage zum Film; Anm. d. Aut.) geschickt bekommen, habe ihn gelesen - und Oliver fragte mich, ob ich mir das vorstellen könne. Ich konnte mir das sehr gut vorstellen, der Roman ist sehr bildlastig geschrieben, sehr filmisch einfach, da war mir klar, daß das ein gutes Drehbuch werden könnte. Das Drehbuch ist eigentlich viel später entstanden, wir haben daran bis drei Tage vor Drehbeginn gearbeitet, und am Set wurde dann auch noch wahnsinnig viel verändert und improvisiert.
War das niemals irritierend, das Oliver Hirschbiegel vor allem als Regisseur von "Kommisar Rex" bekannt ist?
Er hat ja auch Filme wie "Trickser" und "Todfeinde" gemacht, die waren wahnsinnig geil damals im Fernsehen. Da bin ich zum ersten Mal auf ihn aufmerksam geworden. Sowas wie "Kommissar Rex" zu machen ist für einen Regisseur vielleicht gar nicht so schlecht, weil man dadurch natürlich eine große Routine bekommt. Wenn man dann bei einem solchen Stoff, wie wir ihn jetzt gemacht haben, zwanzig Typen unter eine Mütze kriegen und die Ruhe bewahren muß, kommt einem das sicher zugute. Oliver hat einfach eine wahnsinnige Drehroutine, weiß genau, wo er die Kamera hinstellen muß und kennt sich einfach aus.
"Das Experiment" zeigt die Eskalation von Gewaltbereitschaft bei Menschen, denen die Verantwortung für ihr eigenes Handeln abgenommen wurde. Es werden viele verschiedene Umgangsweisen mit dieser Problematik gezeigt. Sie sich sicher einmal überlegt, wie Sie reagieren würden, wenn Sie wirklich in so einer Situaton wären?
Klar tut man das. Ich denke, man überschätzt sich, wenn man glaubt, genau zu wissen, wie man damit umgehen würde, oder wenn man sagt, man würde dies oder jenes niemals tun. Damit tappt man möglicherweise genau in die Falle. Wer weiß, was man unter solchem Druck machen würde? Ich kann nur für mich hoffen, daß ich genug Menschlichkeit bewahrt hätte, wenn ich Wärter geworden wäre. Als Häftling könnte ich nur hoffen, genug Zivilcourage zu haben, um das durchzustehen. Aber das hängt immer davon ab, wieviel Druck dahinter steckt. Wenn man sich ansieht, wieviele Menschen in wievielen Ländern der Welt schon das Maul zugemacht haben, wenn es darauf angekommen ist, dann sieht man auch, wie schwer es ist, unter solchem Druck was zu machen. Es ist immer einfach, sich danach hinzustellen und zu sagen, man würde so etwas nie tun.
Wie weit können Sie als erfolgreicher Schauspieler jetzt schon wählerisch sein?
Ich kann mitttlerweile schon ziemlich wählerisch sein, das Glück hatte ich. Aber obwohl ich bestimmen kann, was ich machen will und was nicht, kann ich leider nicht beeinflussen, wieviele gute Sachen bzw. Angebote kommen. Wenn vielleicht ein Jahr lang nur Müll kommt, dann muss man eben mal was machen, was nicht so begeistert, weil einem sonst das Geld ausgeht. Aber es gibt viele junge, gute Leute, und es werden auch echt gute Sachen gemacht mittlerweile.
Kann die deutsche Filmindustrie künstlerisch und handwerklich mit Hollywood mithalten?
Nein, auf keinen Fall. Hollywood ist ein Ort, wo seit fünfzig Jahren Filme gemacht werden mit einer unübertroffenen Professionalität. Es gibt eine riesige Infrastruktur, alleine vier Gewerkschaften - eine für Leute, die hinter der Kamera stehen, eine für Fernsehdarsteller, eine für Soap-Darsteller und eine für Filmschauspieler, das sind andere Dimensionen.
Sie werden noch heuer in "Taking Sides" zu sehen sein. Den Film hat Istvan Szabo inszeniert, und Sie spielen darin an der Seite von Harvey Keitel und Stellan Skarsgaard. Sind Sie damit in eine höhere Liga aufgestiegen?
Es ist hart, das so zu sagen, aber es ist schon eine andere Liga. Ich habe die Rolle nach einem ganz normalen Casting bekommen. Als ich zu den Drehs kam, war ich schon erst einmal ziemlich beeindruckt und etwas nervös. Aber es hat sich schnell herausgestellt, daß das ganz normale Leute sind, die ganz normal Filme machen wie wir auch. Der Film ist ein Kammerspiel; es geht um die Entnazifizierung eines Arztes. Ich spiele darin das Bindeglied zwischen Amerikanern und Franzosen. Es hat jedenfalls wahnsinnig viel Spass gemacht, den Film zu machen.
Sie haben in diesem Jahrtausend bereits sieben Filme abgedreht. Haben Sie da noch Zeit für Privatleben?
Man muss sich die Zeit nehmen, aber die letzten zwei Jahre waren schon hart. Im letzten Jahr wollte ich nur zwei Filme machen. Aber dann kamen eben diese Angebote, und da konnte ich nicht nein sagen.
Mit wem würden Sie gerne einmal arbeiten?
Da gibt es eine riesige Liste. Aber wenn ich mir einen aussuchen könnte, würde ich Sean Penn wählen, den finde ich sehr gut, auch als Regisseur. Es gibt aber so viele, die gut sind, z. B. Lars van Trier oder Pedro Almodovar, von mir aus auch Ridley Scott, und ich könnte nicht sagen, mit wem ich lieber arbeiten würde.