John B, der Shooting-Star der gebrochenen Beats und Herr über Beta Recordings, hat seinen Stall um ein neues Talent erweitert: Exile. Wie der Meister selbst ist er jung, ehrgeizig und anders als der typische Jungle-Producer. Oliver Heiss hat sich mit ihm unterhalten.

Die Entwicklung von Drum & Bass ist die klassische Evolution im Zeitalter der elektronischen Musik, wie man sie schon zigmal nachlesen konnte: Geboren als Kind vieler (stilistischer) Eltern in den kleinen Wohnzimmerstudios Mainstream-gelangweilter Enthusiasten und Sampling-Alchimisten, tritt das neue Genre den Weg in die Öffentlichkeit an. Der führt es anfangs in kleine und oft illegale Clubs, bis die Neuartigkeit des Sounds - massiv gefördert durch digitale Promotion im Internet - immer mehr Menschen auf die Suche nach Vinyl in die Plattenläden führt. Dann werden die Clubs größer, die DJs prominenter, die Verkaufszahlen der CDs übersteigen die der Platten, und plötzlich ist auch ein ehemaliger Underground-Musikstil wie Drum & Bass anerkannter Teil des Musikmarkts, inklusive internationaler Superstars, Heavy Rotation auf MTV und Auto-Werbespots mit Jungle-Tunes.

Und hier beginnt das Problem: Es ist gar nicht mehr so leicht, die Menschen zu beeindrucken, denn kaum eine Fusion-Alternative (Jazz, HipHop, Ambient, Reggae, Pop, Rock usw. usf.) oder Geschwindigkeitsstufe ist noch nicht ausprobiert worden. Zusätzlich kommt mit dem Erfolg auch der kommerzielle Druck - denn das Label, das als reines Idealistenprojekt begonnen hat, muß plötzlich Leute bezahlen, einen Vertrieb organisieren etc.. Kurz: Substanz und Ehrlichkeit sind nur schwer zu bewahren, weil eben - anders als am Anfang - nicht mehr alles Gold ist, was glänzt.

Doch junge Producer wie Exile geben wieder Hoffnung und machen klar, daß die Geschichte des Genres D&B längst nicht vorüber ist, sondern sich plötzlich Möglichkeiten auftun, von denen man früher kaum zu träumen gewagt hatte. Exile ist der Archetyp des neuen Zeitalters von Drum & Bass. Er ist jung, lebt in Bristol, kam auf Umwegen zu seiner musikalischen Bestimmung und hat sich das Ziel gesetzt, mit seinen Tracks neue Wege zu beschreiten.

"Anfangs war ich von D&B überhaupt nicht begeistert. Das lag auch am Ruf und den Leuten, die damals die Szene bildeten. Ich kann nicht wirklich sagen, was es genau war - es hat mir einfach nicht zugesagt", sinniert er über seine damalige "Ungläubigkeit" - und erzählt weiter: "Ich habe viel von dem ganzen experimentellen elektronischen Kram gehört; auch viel Hardcore und sogar House und Speed Garage."

Parallel dazu verlief auch seine Kinderstube als Produzent: "Die ersten Sachen habe ich im Studio der Schule gemacht. Das Equipment dort war ein Scherz. Es gab nicht einmal einen Sampler, sondern nur ein 8-Track und absolut miese Casio-Keyboards. Damit konnte man nichts Ordentliches machen. Erst zu meinem 18. Geburtstag habe ich einen Sampler und einen PC mit der notwendigen Software bekommen. Damit habe ich dann begonnen, House und Happy Hardcore zu basteln. Frag mich nicht, wie ich auf House gekommen bin - ich verstehe es selber nicht", lacht die Nachwuchshoffnung.

Wie es sich für einen Protagonisten der elektronischen Musik gehört, ging mit dem Produzieren die Arbeit als DJ einher. Exile erinnert sich: "Ich begann mich dafür zu interessieren, als ich noch sehr jung war. Es hat mich total fasziniert, wie man durch die Auswahl und das Mischen von Platten Stimmungen erzeugen und Menschenmassen beeinflussen kann. Ich bin oft im Bett gelegen, habe mir Musik auf meinem Walkman angehört und mir überlegt, wie man diese Tracks am besten mixen könnte. Meine ersten Decks habe ich mit 16 bekommen. Dann habe ich mir ein paar Platten gekauft und bin die Sache angegangen."



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