Fortsetzung...
Einen ähnlichen Stellenwert hat Algernon Blackwood, der deutschsprachigen Lesern am ehesten durch seine Bände in der "Phantastischen Bibliothek" des Suhrkamp-Verlags ein Begriff sein sollte. "Pan´s Garden" ist, wie der Titel schon andeutet, eine Sammlung von Blackwoods heidnischen Storys, die hier zum ersten Mal gesammelt vorgelegt werden. Blackwood schrieb nicht nur Ghoststorys im engeren Sinn, sondern auch märchenhafte Bücher, die sowohl für Kinder als auch für erwachsene Leser geeignet sind - man denke nur an das wunderbare Feenmärchen "Jimbo - A Fantasy". "Pan´s Garden" ist genau in diesem Grenzbereich angesiedelt und zeigt den Autor von einer eher unbekannten Seite.
M. P. Shiel wiederum ist den meisten Lesern eher als Autor von Fantasy-Erzählungen bekannt; sein berühmtestes Buch ist allerdings das Science-Fiction-Werk "The Red Cloud". In der Tartarus-Sammlung "Shapes in the Fire" sind sowohl Horror als auch "Dark Fantasy"-Geschichten versammelt, die teilweise schon vorher bei Arkham House erschienen waren.
Obskur und verträumt
Die Maxime von Tartarus Press lautet seit jeher, mit subjektiven Geschmackskriterien an die Verlagsarbeit heranzugehen. So überrascht es nicht, daß sich in ihrem Programm auch Titel finden, die überhaupt keinem Genre eindeutig zuzuordnen sind. Henri Alain-Fourniers "Le Grand Meaulnes" ist so ein Buch. Sowohl der Autor als auch die Geschichte selbst sind heute völlig in Vergessenheit geraten. Die Wiederauflage dieses literarischen Juwels zeigt, daß dies vollkommen zu Unrecht passiert ist.
Der Roman erzählt (wieder einmal) die Geschichte eines Internats. Diesmal sind junge Männer die Hauptdarsteller; ganz besonders der eigenbrötlerische Meaulnes. Besagter Bursche gibt sich kaum mit seinen Altersgenossen ab und schert sich wenig um den Unterricht. Als er eines Tages ausreißt, verirrt er sich am Heimweg im Wald und landet in einem unheimlichen Schloß, wo er die schönste Frau kennenlernt, die er je gesehen hat. Nach einer rauschenden Festnacht wird er allerdings wieder zurück ins Heim gebracht, ohne herausgefunden zu haben, wo sich jenes Schloß eigentlich befand. Er verbringt die nächsten Monate und Jahre mit der Suche nach der schönen Unbekannten, die er eines Tages auch tatsächlich aufstöbert und heiratet. Dennoch nimmt die Geschichte ein böses Ende, weil der Bruder der jungen Frau wahnsinnig wird und davonläuft, woraufhin Meaulnes ihn suchen muß. Als er zurückkehrt, ist er Vater eines Sohnes; seine Frau allerdings ist kurz nach der Geburt des Kindes verstorben.
In diesem Werk gibt es überhaupt kein übernatürliches oder phantastisches Geschehen. Trotzdem taucht der Leser von der ersten Seite an in eine verträumte Welt ein, die mit der tatsächlichen nur wenig gemein zu haben scheint.
Moderne Klassiker
Eines der jüngsten Großprojekte des Verlages ist die gemeinsam mit Durtro Press veröffentlichte zweibändige Ausgabe der Horror-Storys von Robert Aickman. Aickman gilt als der schwierigste unter den zeitgenössischen Phantastikautoren. In seinen eher längeren Erzählungen paßt eigentlich gar nichts so recht in das Weltbild des durchschnittlichen Lesers. Die Hauptpersonen agieren allesamt derart merkwürdig, daß man sich nur wünscht, nie einer von ihnen im wirklichen Leben zu begegnen. Seine wohl berühmteste Geschichte "Ringing the Changes" erzählt vom Kurzurlaub eines jungen Ehepaars im britischen East Anglia, wo die beiden einem grausamen Brauch beiwohnen müssen: sie werden Zeugen eines Rituals, bei dem die Toten aus ihren Gräbern geholt werden und gemeinsam mit den Einwohnern des kleinen Städtchens als Prozession durch die Straßen ziehen.
Weitere Autoren der modernen "weird fiction", die von Tartarus Press verlegt werden, sind unter anderem Rhys Hughes, der Autor von "Rawhead and Bloody Bones", Sylvia Townsend-Warner oder der großartige Mark Valentine, über dessen Erzählungen ein Schleier des Unwirklichen liegt, der sie eher dem Märchen als der makabren Phantastik zuordnen läßt.
Alles in allem findet man bei in diesem Kleinverlag die eher ausgefallenen Varianten der "supernatural tales". Knallharten Splatter sucht man hier ebenso vergebens wie den kosmischen Horror eines H. P. Lovecraft. Stattdessen bietet Tartarus Press ein großes und einzigartiges Spektrum an dekadenter, heidnischer und antiquarisch-angestaubter Literatur.
Für Fans des großartigen Romans "Captain Corelli´s Mandolin" sei an dieser Stelle noch hinzugefügt, daß im Dezember 2001 in kleiner Auflage ein kurzes Sequel von Louis de Bernieres selbst erscheint - wer Glück hat und sich beeilt, kann sogar eine signierte Vorzugsausgabe ergattern. Zeit lassen darf man sich dabei allerdings nicht, denn es werden nur 100 Stück davon gedruckt.
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