Fortsetzung...
Für Arnold besteht Ende 2001 also dringender Handlungsbedarf. Doch genau an diesem Punkt offenbart sich das Dilemma des mittlerweile 54jährigen: Als in den frühen 80ern Ronald Reagan mit einer Kombination aus Cowboy-Charme und militärischer Protzerei eine ganze Nation mit Selbstvertrauen vollpumpte und die Zeit der pessimistischen Real-Thriller in Hollywood vorüber war, explodierte der Schwarzenegger-Zeitzünder im Herzen der amerikanischen Unterhaltungskultur. Das "Phänomen Arnold" eroberte einen ganzen Kontinent. Aber der Kalte Krieg ist längst vorbei, und die Unbeschwertheit und Magie des 80er-Jahre-Popcorn-Kinos wurden durch selbstzerstörerischen Jugendwahn ersetzt.
Schwarzeneggers einmalige Erfolgsformel setzte sich aus der Nachfrage nach testosteronstrotzenden Einmannarmeen, Arnolds unbestrittener körperlicher Ausnahmeerscheinung, seinem eigentümlichen Akzent und der Vorgeschichte des Polizistensohns aus Graz zusammen. Neben dem nicht zu unterschätzenden Faktor Glück darf eine weitere Komponente nicht außer acht gelassen werden: Arnold Schwarzenegger war immer schon mehr als jeder andere Darsteller von der Kompatibilität der mit ihm arbeitenden Regisseure abhängig. Vor allem Cameron, aber auch McTiernan und Verhoeven (in ihrer Glanzzeit) verstanden es meisterhaft, das klotzige, mechanisch wirkende Auftreten Arnolds - fundamentale Defizite, die eine erfolgreiche Schauspielerkarriere normalerweise eigentlich verhindern - effektiv zu ihrem und seinem Vorteil zu nutzen. Es sind die Auswirkungen von Schwarzeneggers darstellerischer Unbeweglichkeit und der fehlenden helfenden Hand der "passenden" Regisseure, die seinen derzeitigen Zustand erklären. Außerdem sind die Arnold-Fans der ersten Stunde den Filmen ihres früheren Idols mittlerweile endgültig entwachsen. Deren Kindern wiederum dürfte es an Identifikationspotential mit dem weltrettenden Mittfünziger mangeln.
Totalschaden
Der 11. September 2001 bescherte Amerika dann das größte nationale Trauma seit der Challenger-Katastrophe und versetzte die sogenannte zivilisierte Welt in einen Zustand des Schocks. Auch Hollywood wurde durch die folgenschweren Ereignisse in Mitleidenschaft gezogen. In einer beispiellosen (und doch typisch amerikanischen) Überreaktion der Filmbranche wurde der Start mehrerer Streifen verschoben bzw. auf unbestimmte Zeit verlegt. Andere, noch in der Produktion befindliche Filme mußten sich wiederum komplizierten operativen Eingriffen zwecks Umschnitt oder Retuschierung einiger "prekärer" Szenen unterziehen.
Am 5. Oktober hätte die Erstaufführung von Arnolds neuem Film "Collateral Damage" stattfinden sollen. Der Zeitpunkt hätte schlechter nicht gewählt sein können. In Zeiten, wo schon das kurze Aufblitzen des World Trade Center in einem Hollywood-Streifen für regelrechte Panik bei den Verantwortlichen sorgt, scheint ein Film, der den hinterhältigen Terroranschlag auf eine amerikanischen Metropole in all seiner Brutalität zeigt, nicht wirklich angebracht. Dazu noch der Name - "Collateral Damage", zu deutsch Kollateralschaden, ist ein militärischer Terminus schonungsloser Härte. Übrigens: Schwarzenegger spielt einen Feuerwehrmann (!), dessen Familie durch den Anschlag getötet wird (!!). "Collateral Damage" beinhaltet wohl wie kein anderer Film die Essenz des im Augenblick Unvereinbaren und Unzumutbaren. Daß gerade der Mann, der den amerikanischen Traum wie kein anderer gelebt hat, durch die Verschmelzung eines - außer in einem Schwarzenegger-Film - undenkbar erscheinenden Horrorszenarios mit der Wirklichkeit und der damit verbundenen Heuchelei seiner Landsleute in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wird, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Die besten Action-Streifen der vergangenen paar Jahre zeichneten sich durch hakenschlagende Storys ("Die Hard With A Vengeance"), facettenreichere Hauptcharaktere ("Face/Off") und charismatische Gegenspieler ("The Rock") aus. Schwarzeneggers aktuellere Filme fielen hingegen bestenfalls durch ihre Eindimensionalität auf und wirkten veraltet. Seine früheren Genrekollegen Mel Gibson und Bruce Willis machten im Laufe der Zeit eine Wandlung durch und befreiten sich zumindest teilweise aus ihrem festsitzenden Rollenkorsett: Gibson versuchte sich an praktisch jedem Genre, ohne dabei seine Wurzeln zu vernachlässigen; Willis´ Rollenmuster verschob sich zwar nur unwesentlich, seine Stärken wurden jedoch durch Quentin Tarantino ("Pulp Fiction") und Terry Gilliam ("Twelve Monkeys") auf eindrucksvolle Art und Weise ausgereizt.
Arnold Schwarzeneggers darstellerischer Bewegungsradius ist natürlich wesentlich beschränkter (ohne hier Gibson und Willis ein allzugroßes schauspielerisches Talent bescheinigen zu wollen). Ein gewandeltes Zuschauerinteresse sowie sein fortgeschrittenes Alter machen es einfach unmöglich, Schwarzenegger auch weiterhin als übermenschliche Kampfmaschine einzusetzen. Entweder der Koloß schafft es doch noch, James Cameron zu einem weiteren gemeinsamen Projekt zu bewegen ("True Lies II"-Gerüchte kursieren seit geraumer Zeit) oder aber er verabschiedet sich von den lange Zeit als unverhandelbar geltenden Paraderollen und riskiert dabei ein abruptes Ende seiner Hollywood-Karriere. Reagieren muß er auf jeden Fall. Und zwar rasch - bevor ihm die Entscheidung durch andere abgenommen wird.
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mir egal :) er ist trotzdem geil
(gurki, 16.06.2006 22:23)
Wenn sie mir zu groß sind, schlage ich zu, wenn sie am Boden sind.
(seth, 15.12.2006 02:33)
Re: Wenn sie mir zu groß sind,
(jf, 16.12.2006 16:37)
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