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Fortsetzung Scene 2 - Feindbild:
Landsmann
"Mit 14 Stichen mußte Falk Heidrich genähnt werden, nur weil er so ein anatolisches Muttchen im Supermarkt beim Klauen erwischt hat. Dafür haben ihm diese Verbrecher das Auge eingeschlagen. Die Frau hat alles in eine Tüte gesteckt, statt sich wie ein normaler Mensch einen Einkaufswagen zu nehmen. Da sagt ihm die Olle noch, daß sie kein Markstück für den Einkaufswagen hatte, da frag ich Sie, wie soll sie dann den Einkauf bezahlen? So sind sie, unsere lieben ausländischen Mitbürger. Das stelle man sich mal vor: Dafür, daß er solche Zustände aufdeckt, wird er zusammengeschlagen, in welchem Land leben wir eigentlich? Falk hat schon gesagt, den sieht Schöneberg nicht mehr." Schöneberg ist auch ein Westbezirk und zudem eine Hochburg von Mixheads. Sie treffen sich in konspirativen Kneipen, in denen vornehmlich jamaikanische Reggae-Musik oder Straight-Edge-Hardcore läuft. Im Gegensatz zu anderen Extremisten fehlt den Mixheads allerdings eine parteiliche Organisation. Dieses Umstand findet nicht nur Manske positiv, denn so fehlt den Halbglatzen das Geld für größer angelegte Aktionen gegen Ostdeutsche. Standortwechsel. Vom äußersten Osten Berlins ins Zentrum, in die Akazienstraße in Berlin- Schöneberg. An einer Häuserwand lehnen zwei Mixheads. David und Francis seien ihre Namen, verraten sie. Sie verkaufen ostländerfeindliches Propagandamaterial wie Stadtpläne, in denen die Mauer wieder eingezeichnet ist und T- Shirts, auf denen "Sachsen raus!" steht. Die beiden sind vielleicht zwanzig Jahre alt und lachen permanent. Man sieht ihnen ihre Gefährlichkeit nicht an; sie wirken, als wären sie noch Pennäler. Von der Teilung des Landes dürften sie nicht mehr viel mitbekommen haben. Auf Nachfragen, ob es die Devotionalien auch in einem Ladengeschäft zu kaufen gäbe, erklärt David: "Nicht so direkt! Verstehste, das ist ja nicht ganz unproblematisch. Von wegen Staatsschutz, Racheakte." Wofür sich Leute rächen wollten, will keiner der beiden beantworten, das wisse man eben oder nicht. Und auf die Frage, warum sie so seien, antwortet David: "Wie sind wir denn? Bewegt eure Journalistenärsche zurück in den Scheißosten!" Diese Reaktion ist nur allzu verständlich, haben die Mixheads doch große Angst davor, ins Visier der Medienbranche zu gelangen. Ihre Chancen seien größer, wenn sie unbemerkt blieben, erklärt Francis zum Abschied und gibt einem Passanten ein blaurotes Flugblatt. "Alle Ausländer nach Westdeutschland!" steht darauf geschrieben und ein Termin bei einem Bundestagsabgeordneten des Bezirks. Ein paar Straßen weiter liegt das Büro dieses Abgeordneten, der weder namentlich noch über seine Parteizugehörigkeit genannt werden will. Er erklärt einen der Hauptpläne der Mixhead-Bewegung: "Die Apfelstrategie - daher auch das Logo der Aktivisten. Wir wollen die Ostdeutschen nur noch unter ihresgleichen leben lassen, damit die Ausländerfeindlichkeit endgültig ad absurdum geführt wird", beschreibt der Politiker die diffusen Ideen einer Gruppe gewaltbereiter Chaoten. Von ihren brutalen Straftaten will der Volksvertreter nichts wissen: "Glauben Sie nicht, was Ihnen die Ostler erzählen. Die wollen doch nur von den Medien hofiert werden. Kann sein, daß da mal ein paar häßliche Worte gefallen sind, aber mehr auch nicht." An die Ereignisse, über die Manske berichtet hat, glaubt der aus Moers/Nordrhein-Westfalen stammende Bundestagsabgeordnete nicht. "Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum der den Spitznamen 'Major' erhalten hat? Nach der Stasi-Auflösung mußte der sich eine neue Betätigung suchen. Immer schön archivieren, das können sie!" Der Mann macht nicht den Eindruck, als würde er sich schützend vor einen Ostdeutschen stellen, wenn dieser in seiner Anwesenheit von Mixheads geschlagen würde. Diese Haltung scheint bezeichnend für die Ignoranz oder gar das Wohlwollen, mit denen viele Vertreter der Gesellschaft diese neue Bewegung betrachten. In Deutschland gibt es - als hätten wir nicht
schon genug davon - also ein neues Problem. Nach mittlerweile zehn Jahren
Deutscher Einheit haben sich die Menschen aus den beiden Teilen des Landes
nicht angenähert, sich nicht verstehen und geschweige denn lieben
gelernt. Natürlich gibt es einige Ausnahmen, aber auf der Straße
wird immer mehr eine andere Sprache gesprochen, die primitivste, die Menschen
überhaupt als Ausdrucksmittel haben: pure Gewalt. Der Westen hat sich
an den rechtsextremen Schlägern in der ostdeutschen Provinz ein schlechtes
Beispiel genommen und hat nun in Form der Mixheads seine eigene Jugendkrise.
Quo vadis, Germania?
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