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Die Menschheit will belogen werden - und die Werbeindustrie existiert ausschließlich, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Im zweiten seiner ungewöhnlichen Berufsporträts stellt Benny Denes eine ganz neue Spielart im professionellen Täuschungsgewerbe vor.
 
 

Der Propagandist

Jeder kennt die auffälligen Typen, die häufig in Fußgängerzonen, auf Märkten oder vor Kaufhäusern zu finden sind. Sie stehen an einem primitiven Stand, packen einen Haufen Konsumgüter in eine Plastiktüte und rufen immer wieder den gleichen Preis aus. "Wenn Sie jetzt denken, das ist ja schon ein tolles Angebot, dann werden Sie gleich staunen. Ich gebe Ihnen noch den extra-saugfähigen Spülschwamm, die flexible Bürste und das Allzweck-Haushaltstuch dazu. Kommt alles in den Sack - für nur 170 Schilling!" Die eigentliche Faszination solcher Verkaufspräsentationen machen die dauergewellten, alten Damen aus, die mit gewohnt skeptischem Blick und kopfschüttelnd das merkantile Treiben der Marktschreier verfolgen, um die Wundertüten dann am Ende tatsächlich zu kaufen.

Mickey ist ebenfalls so ein Propagandist - nur handelt der adrette, blondgefärbte junge Mann nicht mit Haushaltsutensilien, sondern mit einer viel abstrakteren Ware. Die Idee hatte der Absolvent des modischen Studiengangs "Kommunikationsdesign" auf einem Bummel über den Hamburger Fischmarkt, auf dem seit Jahrzehnten Fischer und Händler aus dem gesamten Nordseegebiet allmorgendlich ihre Aale, Schollen und Krabben feilbieten.

Damals suchte Mickey einen Kompagnon für eine eigene Werbeagentur, doch keiner seiner Bekannten traute sich die schwierige Kundenakquisition zu. Er selbst hatte nicht genug Geld für eine eigene Firma, wollte gleichzeitig aber auch nicht von den (ökonomischen) Launen eines Arbeitgebers abhängig sein. Mickey war davon überzeugt, es auch ohne Startkapital schaffen zu können - er müßte nur sein Talent beweisen, eine Information schnell und effektvoll zu verbreiten. Heute, nicht einmal drei Jahre später, hat Mickey das Start-up-Unternehmen für ein neues Ressort in der Werbebranche - und bereits über sechzig Angestellte. Dem EVOLVER schilderte er, wie es dazu kommen konnte.
 

EVOLVER: Sie gelten als Erfinder des "faming". Was bedeutet dieser Ausdruck?
Mickey: Das heißt, ein Gerücht oder eine Neuigkeit in alle Weltgegenden zu verbreiten.

EVOLVER: Aber das ist doch nichts Neues...
Mickey: Nein, neu ist es natürlich nicht, nur für die Werbebranche war es ein längst fälliger Impuls. Ein neuer Typ von Kampagnen, sozusagen.

EVOLVER: Damit man sich Ihre Arbeit besser vorstellen kann: Wie sieht Ihre bisher letzte "faming"-Kampagne aus?
Mickey: Die aktuelle Propaganda läuft für ein bekanntes Produkt der Körperhygiene. Darf ich den Namen nennen...?
 
 
 
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