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Die Zeiten ändern sich - und mit ihnen auch die beruflichen und psychologischen Anforderungen, die an den modernen Menschen gestellt werden. Damit EVOLVER-Leser wissen, was gespielt wird, präsentiert Benny Denes das erste einer Reihe von ungewöhnlichen Porträts.
 
 

Der Einkäufer

Es ist ein Erlebnis, mit Hackbarth einkaufen zu gehen - ein Abenteuer in der bunten Welt der Konsumtempel, und gleichzeitig (das liegt in der Natur von Hackbarths Sache) in jeder Hinsicht ein Geheimtip. Dabei spielt es keine Rolle, ob man ihn in einen ganz gewöhnlichen Supermarkt begleitet, in ein sechsstöckiges Kaufhaus oder in eines dieser Shopping-Center, die inzwischen fast jede Vorstadt unseres Kulturkreises "bereichern".

Nick Hackbarth geht an fünf Tagen der Woche shoppen. Dabei stehen an jedem dieser Tage Lebensmittel auf dem Einkaufszettel, den er morgens am heimischen Rechner komponiert. (Für den beschafft er sich übrigens an zwei von fünf "Arbeitstagen" neues Zubehör.) Die Ziele seiner Einkaufsbummel sind jeden Tag andere, und auch die Städte, in denen er Läden und Märkte aufsucht, wechseln häufig.

Hackbarth, dessen Vorname bereits kriminalistische Assoziationen weckt, lebt von diesen Shopping-Touren: er ist professioneller Einkäufer - wobei der Ausdruck "Käufer" seinem Verhalten nicht wirklich gerecht wird. Der Mann, der sich selbst gelegentlich als "spezieller Konsumprofi" bezeichnet, ist nämlich weder Warentester noch Restaurantzulieferer, sondern Detektiv. Und nicht etwa ein Kaufhausdetektiv - mit diesem Job machte er schon vor Jahren Schluß, weil er ihm zu langweilig war.

Nein, Hackbarth bietet Supermarktketten, Kaufhäusern und Fachgeschäften seine Dienste als professioneller Ladendieb an. Der Deal mit der jeweiligen Geschäftsführung ist jedes Mal der gleiche: er soll klauen, soviel er kann. Was er unbehelligt aus dem Laden herausschafft, darf er behalten; wenn er erwischt wird, muß er die Sachen zwar abgeben, wird aber keineswegs der Polizei vorgeführt. Das klingt so verworren und verwegen, daß der EVOLVER sich einfach Klarheit darüber verschaffen mußte - und Nick Hackbarth interviewte.
 

EVOLVER: Den Espresso bezahlt unser Magazin, hätten sie ihn sonst...
Hackbarth: Nicht bezahlt? Doch, doch, mit Sicherheit. Zechprellerei finde ich schäbig, außerdem habe ich von diesem Café keinen Auftrag !

EVOLVER: Suchen Sie sich die Aufträge, oder wendet man sich an Sie?
Hackbarth: Als ich mit meinem Job anfing, mußte ich mich noch an die Regionalverwalter und Geschäftsführer wenden, aber inzwischen hat sich meine Tätigkeit in diesen Kreisen ziemlich herumgesprochen.

EVOLVER: Wann haben Sie eigentlich begonnen, professionell Ladendiebstähle zu begehen?
Hackbarth: Vor etwa drei Jahren - wobei ich das Teststecken anfangs nur "nebenberuflich" betrieben habe. Die Idee dazu kam mir, nachdem ich auf einem Kriminologenkongreß in den Niederlanden einen Kollegen kennengelernt hatte, der zur Ferienzeit die Alarmanlagen von Häusern überlistete, um deren Besitzer auf Sicherheitsmängel aufmerksam zu machen. Der hat damals mit Sicherheitsberatungen gutes Geld verdient.
 
 
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