Fortsetzung Der
unsichtbare Mann...
In diesem Augenblick ging die Tür der Wohnung
nebenan auf. Ein etwa 60jähriger Mann trat auf die Polizisten zu und
sagte: "Glauben Sie der Frau doch nichts! Die hat ihn auf dem Gewissen,
den armen Pepi!" Im daraufhin entstehenden Tumult öffnete sich noch
eine Wohnungstür, und ein weiterer alter Nachbar mischte sich ein:
"Ja, genau!"
Die Polizisten nahmen Frau Elisabeth P. daraufhin
mit zum Verhör. Nach wenigen Stunden gestand sie, daß ihr Pepi
durch die Fehldosierung eines Medikaments gestorben war. In ihrem Schock
habe sie nicht gewußt, was sie tun sollte, also habe sie sich auf
ihre weiblichen Tugenden besonnen und ihn feinsäuberlich in seine
alte, schäbige Matratze eingenäht. Eine Weile hatte sie diese
einfach in der Wohnung liegengelassen, doch dann habe sie zu sehr zu stinken
begonnen und daher mußte sie sie heimlich entsorgen. Unter der Matratze
hatte sie zudem ein geheimes und noch anonymes Sparbuch ihres Mannes entdeckt.
Die ebenfalls befragten Nachbarn berichten vom
jahrelangen Martyrium des Mannes. Josef P. hatte keinerlei Freunde, weil
ihn seine Frau so an der kurzen Leine hielt. Jede Annäherung ihres
Mannes an andere Menschen bewachte sie argwöhnisch, um ihn von näheren
Kontakten abzuhalten. Im Laufe von 32 Ehejahren hatte die Frau ihren Mann
immer enger an sich gebunden. Waren sie in den ersten Jahren noch häufig
wie viele Paare mit anderen ausgegangen, so hörte sich dies mit der
Zeit ganz auf. Auch auf Urlaub war das Paar niemals gefahren; die beiden
besaßen einen Schrebergarten am Rand von Wien, in der Nähe des
Wilhelminenbergs, wo sie sich im Sommer meist aufhielten.
Herr P. hatte sogar vor einem Jahr seinen Posten
bei der Eisenbahn aufgegeben, als sich die Chance auf Frühpension
ergab. Seine einzige Schwester war früh gestorben. Josef P.s Eltern
leiden an Alzheimer und konnten sich daher beim Besuch der Polizei kaum
noch an ihren Sohn erinnern.
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