Elliott Perkins (Phonem) kam vor etwa fünf Jahren, inspiriert durch Arovanes musikalische Arbeit, auf die Idee, selbst in die geheime Sound-Welt der elektronischen Frickler vorzudringen - und Morr Records nahmen sich alsbald seiner Releases an. Nun hat er mit seinem Vorbild "Mr. Arovane" (Uwe Zahn) ein Album eingespielt.
Elektronische Joint-ventures erfreuen sich in letzter Zeit ja großer Beliebtheit (z. B. Psi Performer). Im Zeitalter der totalen Vernetzung kann man live im Internet jammen, lange Nächte vor dem Terminal statt vor der Glotze verbringen, MIDI- und Sound-Dateien übers Modem jagen und immer wieder neu arrangieren, umgruppieren etc. Und genau auf diese Fährte will uns das Projekt Arovane & Phonem locken.
Doch Obacht! Bei genauerer Betrachtung der Credits am blau-steril-coolen Cover sieht man, daß nur die Tracks eins bis drei und Track acht gemeinsam erarbeitet wurden. Die andere Hälfte ist fein säuberlich mit dem jeweiligen Namen des Musikers gelistet; vier und fünf gehen auf Arovanes Konto; fünf und sechs wieder auf Phonems. Vielleicht hat man sich im Studio ja doch nicht so gut verstanden - warum sonst würde man so penibel drauf achten, daß nur ja nichts dem jeweils anderen zugeschrieben wird? Bei ihren Exkursionen ist also eine Art Split-Album, kombiniert mit gemeinsamen Stücken, herausgekommen. Sehr seltsam und eigentlich ungewöhnlich.
Niemand darf jedoch glauben, mit "AER (Valid)" in unbekannte Klanggefilde vorzudringen. Die acht Tracks, fein säuberlich verteilt über ein Doppelalbum, klingen justament genauso, wie man sie sich in freudiger Erwartung vorgestellt hatte. Nahtlos setzt man also weiter auf vertrautes Beat-Häckseln und Loop-Splicen; noisige Cut-ups werden wie Rosinen in den elektronischen Kuchen eingestreut, und über allem schweben wohlige Ambient-Melodien oder farbiges Rauschen - alles in Dolby-Surround-3D, melancholisch und facettenreich, ästhetisch durchaus ansprechend. Der Studiostandard ist immens hoch und gediegen, aber eben nichts Neues.
Denn weder Arovane noch Phonem haben diesen "speziellen" High-Tech-Stil erfunden. Sie gehören wie Funkstörung (Musik aus Strom), Phoenecia (Schematic) oder auch While (Chocolate Industries) zur zweiten oder eigentlich schon dritten Generation nach Autechre/AFX/Skam/Rephlex etc. Auch Track-Namen wie "Valid Rand" oder eben "Aer (valid)" erinnern in typischer Manier an Tracklists zahlreicher Warp-Releases. Die Fangemeinde weiß also gleich ganz genau, woran sie ist, was man für ein nischengerechtes Marketing auch braucht.
Wenigstens wird hier nichts verheimlicht oder kaschiert. Der Albumtitel verrät, ohne lange drumherum zu reden, wer die Helden sind, denen man huldigen möchte. "AE" ist das offizielle Kürzel von Autechre, das "R" könnte von "Revisited" bis "Renegat" oder "Repeaters" alles bedeuten. Soll heißen: "AER (valid)" birgt viel gewohnten Sound. Wer Arovanes "Icol Diston" bzw. "Atol Scrap" oder auch Phonems fabulöses "Hydro Electric" in seiner Sammlung hat, wird auf den Zukauf des neuen Albums verzichten können, es sei denn, er ist ein Genre-Fan, und dann muß es natürlich sein. Die neuen Nummern sind genauso gut wie ältere. Empfohlen allen Bit-Nerds und Homesampling-Experten - hier wird gezeigt, wie man es richtig macht.
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